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AbstractDiagnostische Zielsetzung: Die Skalen wurden für Erwachsene konstruiert, die sich in psychotherapeutischer Behandlung befinden. Sie dienen der Erfassung von Vertrauen in die behandelnde Psychotherapeutin bzw. den behandelnden Psychotherapeuten, von Selbstvertrauen im psychotherapeutischen Setting und von Vertrauen in die persönliche Zukunft durch die Psychotherapie. Aufbau: Bei den Kurzskalen handelt es sich um Selbstbeurteilungsskalen zur Erfassung von drei Vertrauensaspekten bezogen auf die therapeutische Beziehung. Die Skala Soziales Vertrauen in der therapeutischen Beziehung (SV-TAB) misst mit 14 Items das Vertrauen in die behandelnde Psychotherapeutin bzw. den behandelnden Psychotherapeuten. Die Skala Selbstvertrauen in der therapeutischen Beziehung (SVT-TAB)
erfasst mit 12 Items Selbstwirksamkeitserwartungen bezogen auf die laufende Psychotherapie. Die Skala Zukunftsvertrauen in der therapeutischen Beziehung (ZUK-TAB) erfasst mit 10 Items das Vertrauen in die persönliche Zukunft durch die Therapie und über die Therapie hinaus. Die Skalen können gemeinsam oder einzeln eingesetzt werden.
Es handelt sich um eindimensionale Skalen. Die Items sind als Aussagesätze formuliert, die auf Antwortskalen mit jeweils sechsstufigem Antwortformat von "sehr falsch" (- - -) bis "sehr richtig" (+++) zu bewerten sind. Der individuelle Testwert ergibt sich aus der Aufsummierung aller Antworten einer Skala, wobei die Antwort "sehr falsch" mit dem Punktewert "1" gewertet wird und entsprechend die Antwort "sehr richtig" mit dem Punktewert "6". Da die Items nicht alle gleichsinnig gepolt sind, müssen vor der Aufsummierung folgende Items zur Auswertung umgepolt werden:
(1) Skala Soziales Vertrauen in der therapeutischen Beziehung (SV-TAB): Items 2, 7, 10, 14. Damit ergibt sich für diese Skala ein Summenwert zwischen 14 und 84.
(2) Skala Selbstvertrauen in der therapeutischen Beziehung (SVT-TAB): Items 2, 3, 6, 12. Damit ergibt sich für diese Skala ein Summenwert zwischen 12 und 72.
(3) Skala Zukunftsvertrauen in der therapeutischen Beziehung (ZUK-TAB): Items: 3, 10. Damit ergibt sich für diese Skala ein Summenwert zwischen 10 und 60.
Grundlagen und Konstruktion: Die Kurzskalen sind auf der theoretischen Grundlage des von Krampen (1997) entwickelten Modells der Vertrauens-Trias (VTT) entstanden. Das Modell der VTT basiert auf dem theoretisch fundierten und empirisch überprüften handlungstheoretischen Partialmodell der Persönlichkeit (HPP; Krampen, 1987), aus dem sich direkt die drei zentralen Konstituenten der VTT ableiten lassen: (1) Soziales Vertrauen, (2) Selbstvertrauen und (3) Zukunftsvertrauen. Die VTT bietet damit eine Integration dieser drei Bedeutungsvarianten von Vertrauen in einem umfassenden Persönlichkeits- und Entwicklungsmodell. Während die VTT sich auf der Ebene von Persönlichkeitsvariablen auf generalisierte Erwartungen
und Einstellungen gegenüber anderen Personen (soziales Vertrauen), sich selbst (Selbstvertrauen) und gegenüber der Zukunft (Zukunftsvertrauen) im Allgemeinen bezieht, erfassen die vorliegenden Kurzskalen entsprechend diese drei Vertrauensfacetten bezogen auf die therapeutische Beziehung. Damit handelt es sich um bereichs- bzw. situationsspezifische Skalen, die jeweils in ihrem entsprechenden Kontext zu interpretieren sind.
Die Konstruktion der Items der Vertrauensskalen erfolgte nach rationaler Strategie und basiert maßgeblich auf den bereits psychometrisch evaluierten Verfahren zur Erfassung der drei Vertrauenskonstituenten auf Persönlichkeitsebene (vgl. Krampen & Hank, 2004). Um das Verfahren ökonomisch zu gestalten und den zusätzlichen Einsatz zu den im psychotherapeutischen Kontext gebräuchlichen Screening- und/oder störungsspezifischen Instrumenten zu ermöglichen, wurde darauf geachtet, die Itemanzahl pro Skala möglichst gering zu halten. Die Skala (1) Soziales Vertrauen in der therapeutischen Beziehung (SV-TAB, 14 Items) wurde überwiegend auf der Basis der SV-R-Skalen nach Krampen, Viebig und Walter (1982) entwickelt, die Skala (2) Selbstvertrauen in der therapeutischen Beziehung (SVT-TAB, 12 Items) aufbauend auf der Skala Selbstkonzept eigener Fähigkeiten aus dem Fragebogen zu Kompetenz- und
Kontrollüberzeugungen (FKK; Krampen, 1991) und die Skala (3) Zukunftsvertrauen in der therapeutischen Beziehung (ZUK-TAB, 10 Items) auf der Basis der Skalen zur Erfassung von Hoffnungslosigkeit (H-Skalen; Krampen, 1994). Das Antwortformat ist sechsstufig von "sehr falsch", was im Fragebogen durch drei Minuszeichen (- - -) symbolisiert ist, bis "sehr richtig", was durch drei Pluszeichen (+ + +) veranschaulicht ist. Um den Einfluss von Response Sets (z.B. Tendenz zum mittleren Urteil oder Akquieszenz) möglichst gering zu halten, wurden - zusätzlich zur Wahl einer geraden Anzahl an Antwortkategorien - die Items sowohl in Richtung Vertrauen als auch Misstrauen formuliert und müssen bei den Skalenanalysen entsprechend rekodiert werden.
Empirische Prüfung und Gütekriterien: Die psychometrische Qualität wurde anhand von Daten einer klinischen Stichprobe von
N = 280 geprüft (Hewig, 2008).
Reliabilität: Die Eindimensionalität der Skalen konnte mithilfe von Berechnungen nach dem eindimensionalen Rasch-Modell bestätigt werden (Hewig, Hank & Krampen, 2009). Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) liegt für die Skala SV-TAB bei Alpha = .91, für die Skalen SVT-TAB und ZUK-TAB jeweils bei Alpha = .88. Die Trennschärfen der Items liegen bei allen drei Skalen über rit-i = .40.
Validität: Die Skaleninterkorrelationen liegen theoriekonform zwischen .58 und .81. Die Konstruktvalidität ist anhand der Profilreliabilität mit prof(rtt)= .63 bestätigt. Die explorative Hauptkomponentenanalyse legt mit 47.1 Prozent Varianzaufklärung eine zweifaktorielle Lösung nahe, die aus inhaltlich-konzeptuellen Überlegungen plausibel ist, da Zukunftsvertrauen als molares Konstrukt die beiden anderen Bedeutungsvarianten beinhaltet und damit Doppelladungen der Items der Skala ZUK-TAB auf beiden Faktoren erwartungskonform sind. Die Konstruktvalidität wurde anhand von Korrelationsbefunden mit anderen relevanten Vertrauensskalen (SV-R-Skala, modifiziert nach Krampen et al., 1982; Skala "Selbstkonzept eigener Fähigkeiten" aus dem FKK von Krampen, 1991; H-RA-Skala aus den H-Skalen von Krampen, 1994) überprüft. Die Korrelationen der Skalen SVT-TAB und ZUK-TAB mit den entsprechenden
Vertrauensskalen auf Persönlichkeitsebene liegen bei r = .47. Die Skala SV-TAB korreliert dagegen mit dem generalisierten Vertrauen in andere Personen nur gering mit r = .20, was bedeutet, dass die Ausprägung des spezifischen Vertrauens in den Therapeuten nur gering mit dem generalisierten Vertrauen in Andere zusammenhängt. Ein weiterer bedeutsamer Zusammenhang von r = .35 fand sich zwischen der Skala SV-TAB und der Skala "Vertrauen" aus der Adult Attachment Scale (AAS) in der deutschen Version von Schmidt, Strauß, Höger und Brähler (2004), die Bindungseinstellungen bei Erwachsenen erfasst. Das bedeutet, dass Personen mit hohen Werten in der Bindungsskala "Vertrauen in Andere" auch tendenziell ein hoch ausgeprägtes Vertrauen in die Psychotherapeutin oder den Psychotherapeuten aufweisen. Die externe Validität wurde durch Berechnungen zur prognostischen Bedeutung der drei Vertrauensskalen
für den Therapieerfolg anhand einer Stichprobe von N = 203 überprüft und bestätigt. Als Kriterium wurde eine globale Einschätzung der Symptomverbesserung durch die/den behandelnde/n Therapeutin/en zu Therapieende verwendet. Die Korrelation zwischen der Skala SV-TAB und dem Therapeutenurteil zur Symptomverbesserung fiel mit r = .17 signifikant (p < .05) aus. Numerisch höher fielen die Korrelationen zwischen der Symptomverbesserung und den therapiebezogenen Skalen zum Selbstvertrauen (r = .23, p < .01) und Zukunftsvertrauen (r = .26, p < .01) aus. Die multiple Regressionsanalyse zeigt eine bedeutsame Varianzaufklärung durch alle drei Vertrauensskalen (R2 = .07, F = 4.49, p < .01), die allerdings als klein einzustufen ist. Das therapiebezogene Zukunftsvertrauen stellt dabei den varianzstärksten Prädiktor für die Symptomverbesserung dar, wurde allerdings knapp nicht signifikant (Beta = .23,
p = .08).
Normen: Eine Normierung der Kurzskalen liegt bislang nicht vor. Zum Vergleich können Mittelwerte und Standardabweichungen aus der klinischen Konstruktionsstichprobe herangezogen werden (Hewig, 2008). Die Mittelwerte (M) und Standardabweichungen (SD) liegen für die Skala SV-TAB bei M = 64.83 und SD = 10.27, für die Skala SVT-TAB bei M = 50.64 und SD = 9.95 und bei der Skala ZUK-TAB bei M = 44.13 und SD = 7.65.
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Literatur- Hewig, M. (2008). Generalisierte und spezielle Vertrauensaspekte in der Psychotherapie - Eine empirische Studie zur prognostischen Bedeutung der Vertrauens-Trias für das Ergebnis stationärer Psychotherapie. Unveröffentlichte Dissertation, Universität Trier, FB I - Psychologie. -PSYNDEX-Lit Dok.-Nr. 0212695
- Hewig, M., Hank, P. & Krampen, G. (2009). Rasch-basierte Prüfung von Kurzskalen zur Erfassung von Vertrauen in der Psychotherapie. Klinische Diagnostik und Evaluation, 2 (3), 175-193. -PSYNDEX-Lit Dok.-Nr. 0222062
- Krampen, G. (1987). Handlungstheoretische Persönlichkeitspsychologie. Göttingen: Hogrefe.
- Krampen, G. (1991). Fragebogen zu Kompetenz- und Kontrollüberzeugungen (FKK). Göttingen: Hogrefe.
- Krampen, G. (1994). Skalen zur Erfassung von Hoffnungslosigkeit (H-Skalen). Göttingen:
Hogrefe.
- Krampen, G. (1997). Zur handlungs-, persönlichkeits- und entwicklungstheoretischen Einordnung des Konstrukts Vertrauen. In M.K.W. Schweer (Hrsg.), Vertrauen und soziales Handeln. Facetten eines alltäglichen Phänomens (S. 16-61). Neuwied: Luchterhand.
- Krampen, G. & Hank, P. (2004). Biographische Rekonstruktion seelischer Gesundheit und psychischer Störungen anhand der Vertrauens-Trias. Stand der Forschung, theoretische Konzeptualisierung und empirische Fragestellungen (Trierer Psychologische Berichte, 31, Heft 1). Trier: Universität Trier, Fachbereich I - Psychologie.
- Krampen, G., Viebig, J. & Walter, W. (1982). Entwicklung einer Skala zur Erfassung dreier Aspekte von sozialem Vertrauen. Diagnostica, 28, 242-247.
- Schmidt, S., Strauß, B., Höger, D. & Brähler, E. (2004). Die Adult Attachment Scale (AAS) - Teststatistische Prüfung und Normierung der deutschen
Version. Psychotherapie, Psychosomatik und medizinische Psychologie, 54, 375-382.
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