0001 | info@leibniz-psychology.org | © 2025 ZPID | |
| ![]() | |
Vollansicht des PSYNDEX Tests-Dokuments: Fragebogen zur Erfassung des rechtschreibbezogenen Selbstkonzepts von Grundschulkindern (revidierte und erweiterte Form 07-3-24) | ||
PSYNDEX Tests-Dokument: 9006277 | ||
rsSK2 - Fragebogen zur Erfassung des rechtschreibbezogenen Selbstkonzepts von Grundschulkindern (revidierte und erweiterte Form 07-3-24) (PSYNDEX Tests Review) | ||
Questionnaire for Measuring Children's Spelling-Specific Self-Concept - revised and enlarged version/author | ||
Faber, G. | ||
(2007). Selbstkonzept, Kausalattributionen und Leistungsangst im Rechtschreiben. Schulfachspezifische Analysen zu den Selbsteinschätzungen von Grundschulkindern. Saarbrücken: VDM Verlag Dr. Müller. Online im Internet: https://www.testarchiv.eu/de/test/9006277 | ||
Bezugsquelle: Das Verfahren ist im Open Test Archive des ZPID enthalten und steht unter der Creative Commons-Lizenz "Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen)" (CC BY-SA); E-Mail: testarchiv@leibniz-psychology.org; URL: https://www.testarchiv.eu/; Stand: 01.05.2025. Anmerkung: Das Verfahren wurde 2010 in das Testarchiv des ZPID aufgenommen. Nachweis im Testarchiv: Faber, G. (2010). rsSK2. Fragebogen zur Erfassung des rechtschreibbezogenen Selbstkonzepts von Grundschulkindern (revidierte und erweiterte Form 07-3-24) [Verfahrensdokumentation aus PSYNDEX Tests-Nr. 9006277, Autorenbeschreibung mit Fragebogen und Auswertung, Fragebogen mit Instruktion und Auswertung]. In Leibniz-Zentrum für Psychologische
Information und Dokumentation (ZPID) (Hrsg.), Elektronisches Testarchiv. Trier: ZPID. | ||
Adresse(n): o Dr. Günter Faber (-2020), Institut für Pädagogische Psychologie, Leibniz Universität Hannover, Schloßwender Straße 1, D-30159 Hannover ; E-Mail: maritajahns2@web.de ; URL: http://www.psychologie.uni-hannover.de/guenter_faber.html ; Stand: 4.3.2021 o Geschäftsführende Leitung des Instituts für Pädagogische Psychologie, Leibniz Universität Hannover, Schloßwender Straße 1, D-30159 Hannover ; E-Mail: gl@psychologie.uni-hannover.de ; URL: https://www.psychologie.uni-hannover.de/ ; Stand: 05.03.2021 | ||
AbstractDiagnostische Zielsetzung:Der rsSK2-Fragebogen soll wesentliche Aspekte des rechtschreibbezogenen Selbstkonzepts von Grundschulkindern erfassen und eine differenzierte Exploration ihrer kognitiv-motivationalen Orientierungen in diesem Lernbereich ermöglichen.
| ||
Testkonzept | ||
Theoretischer HintergrundMit den leistungsthematischen Selbstkonzepten von SchülerInnen sind deren individuelle Erfolgs- und Misserfolgserfahrungen in schulischen Kontexten zu relativ überdauernden (deskriptiven und evaluativen) Annahmen über die eigenen Begabungen bzw. Fähigkeiten verarbeitet. Sie repräsentieren damit auf subjektiv bedeutsame Weise die wahrgenommenen Möglichkeiten zur Bewältigung schulischer Anforderungen als verhältnismäßig stabile Kompetenzüberzeugungen und können das aktuelle wie künftige Lern- bzw. Leistungsverhalten günstig oder ungünstig beeinflussen (Eccles, Wigfield & Schiefele, 1998; Helmke, 1992). So werden SchülerInnen, die aufgrund dauerhafter Misserfolgserfahrungen ein eher niedriges (misserfolgsorientiertes) Selbstkonzept ausgebildet haben, an einschlägige Leistungsanforderungen anders herangehen als SchülerInnen, die aufgrund überwiegender Erfolgserfahrungen über ein eher hohes (erfolgsorientiertes) Selbstkonzept verfügen. Strukturell haben sich die leistungsthematischen Schülerselbstkonzepte als integrierter Bestandteil eines umfassend dimensional und hierarchisch organisierten Selbstsystems nachweisen lassen (Marsh, 2006; Möller & Trautwein, 2009): Als auf die eigenen schulischen Fähigkeiten bezogene Selbstannahmen, denen verschiedene nicht-schulische und nicht-leistungsbezogene Selbstkomponenten neben- und das allgemeine Selbstwertgefühl übergeordnet sind, setzen sie sich ihrerseits wieder aus inhaltlich unterscheidbaren Sub- oder Partialkonzepten zusammen - insbesondere im Hinblick auf das Erleben bereichs- bzw. anforderungsbezogener Kompetenzen. Insgesamt hat die betreffende Befundlage überzeugend nachweisen können, dass sich unterschiedlich schulfachbezogen erfragte Schülerselbstkonzepte empirisch hinlänglich separieren lassen. Innerhalb des Selbstsystems nehmen sie schon eine relativ verhaltens- bzw. situationsnahe Position ein. Mit entsprechenden fachlichen Schulleistungsmaßen sind sie nachweislich auch stärker korreliert als fachunspezifisch erfasste Fähigkeitsselbstkonzepte oder das allgemeine (über Situationen und Anforderungen generalisierte) Selbstwertgefühl der Schüler (Byrne, 1996; Faber, 1992; Frühauf, 2008; Marsh, 1992; Möller, Streblow, Pohlmann & Köller, 2006; Poloczek, Greb & Lipowsky, 2008; Rost, Sparfeldt & Schilling, 2007; Skaalvik & Valås, 1999; Tiedemann & Billmann-Mahecha, 2004; Valentine, DuBois & Cooper, 2004; Zeinz, 2006). Darüber hinaus scheinen sie grundsätzlich noch weiter anforderungs- bzw. aufgabenspezifisch auflösbar. So haben verschiedene Studien belegen können, dass sich das leistungsthematische Selbstkonzept in einem bestimmten Schulfach durch hinreichend eigenständige Subkonzepte differenzieren und aufklären lässt - beispielsweise das Lese-Selbstkonzept von Grundschulkindern in eine Kompetenz-, eine Schwierigkeits- und eine Einstellungskomponente (Chapman & Tunmer, 1995), das Englisch-Selbstkonzept von Fremdsprachenlernern in eine Hörverstehens-, eine Sprech-, eine Leseverständnis- und eine Schreibkomponente (Holder, 2005; Lau, Yeung, Jin & Low, 1999), mittlerweile auch in eine mündliche Erzählkomponente (Faber, 2009).Bei alledem erweist sich die Untersuchung rechtschreibspezifischer Schülerselbstkonzepte als weithin vernachlässigtes Forschungsgebiet. Dieser Umstand muss umso mehr überraschen, als gerade das Rechtschreiben in den unteren bis mittleren Klassenstufen einen für die Entwicklung kognitiv-motivationaler Persönlichkeitsmerkmale zentralen Kompetenzbereich darstellen dürfte (Helmke, 1997; Poskiparta, Niemi, Lepola, Athola & Laine, 2003; Varnhagen, 2000). Zwar haben vereinzelte Studien die Beziehungen zwischen Selbstkonzept und Rechtschreibleistungen empirisch zu klären versucht. Abgesehen von manchen untersuchungsmethodischen Mängeln, unter anderem in Hinblick auf die herangezogenen Stichproben und Rechtschreibkriterien, haben sie das Selbstkonzept jedoch entweder durch globale Fragebogenskalen oder durch bereichsspezifisch eher intuitiv zusammengestellte und psychometrisch ungeprüft belassene Listen von Einzelitems thematisiert. Gelegentlich zeigen sich die erfragten Kompetenzeinschätzungen mit lernstrategischen Selbstbeschreibungen konfundiert oder gemeinsam mit anderen schulfachlichen Anforderungen erhoben. Ihre Ergebnisse fallen insgesamt auch recht uneinheitlich aus und verweisen allenfalls auf den Umstand, dass Schüler mit Rechtschreibschwierigkeiten sich in ihrer gesamten Persönlichkeit und in ihren schulischen Kompetenzen verhältnismäßig ungünstig beurteilen. Zu einer fundierten Analyse rechtschreibspezifischer Selbsteinschätzungen können sie daher kaum beitragen (Burden, 2005; Finkbeiner & Isele, 1974; Franklin-Guy, 2006; Helmke, 1997; Humphrey & Mullins, 2002; Meltzer, Roditi, Houser & Perlman, 1998; Rosenthal, 1973; Thomson & Hartley, 1980; Wagner & Valtin, 2003). Und selbst wenn, wie bei der "Student's Perception of Ability Scale" (Boersma, Chapman & Maguire, 1979), das Fähigkeitsselbstkonzept einmal bereichsspezifisch operationalisiert und methodisch angemessen erhoben wird, erscheint eine gezielt rechtschreibbezogene Befundinterpretation durch die Verwendung einer kombiniert lese-rechtschreibthematischen Skala problematisch - da beide Kompetenzaspekte im Einzelfall auch relativ unabhängig voneinander erlebt werden können (Hay, Ashman, A. & Kraayenoord, 1997; Polychroni, Koukoura, K. & Anagnostou, 2006). Rankin, Bruning und Timme (1994) haben eine Skala eingesetzt, mit der die rechtschreibbezogenen Kompetenzerwartungen inhaltlich vergleichsweise differenziert, allerdings ohne Berücksichtigung der besonders kritischen Diktatsituation erfasst werden können. Die Skala von Vincent und Claydon (1996) erfragt das rechtschreibbezogene Selbstkonzept sowohl unter individueller als auch unter sozialer Bezugsnorm. Möglicherweise wegen dieser Konfundierung zeigen sich ihre Summenwerte nur mäßig positiv mit verschiedenen Rechtschreibkriterien korreliert. Überdies werden keinerlei Angaben zu einer breiter ausgelegten Validierung dieser Skala (etwa im Kontext anderer leistungsthematischer Persönlichkeitskonstrukte und diskriminanter Leistungskriterien) gemacht - d.h. die konzeptuelle Gültigkeit dieses Verfahrens kann letztlich nur vermutet werden. Ein psychometrisch solides und zulänglich validiertes Instrument zum rechtschreibbezogenen Selbstkonzept hat jüngst Frühauf (2008) vorgelegt. Dessen Items operationalisieren die relative Ausprägung der entsprechenden Kompetenzannahmen ausschließlich über den sozialen Vergleich im Klassenkontext, lassen dabei aber wichtige anforderungstypische Momente schulischer Rechtschreibsituationen außer Acht. Ähnliches gilt für das Verfahren von Poloczek, Greb und Lipowsky (2009), das vorrangig für Forschungszwecke in der Eingangsstufe des Primarbereichs gedacht ist und insgesamt nur drei rechtschreibbezogene Items enthält. Vor dem Hintergrund dieser Forschungslage wurde der vor längerem entwickelte Fragebogen zum rechtschreibbezogenen Selbstkonzept von Grundschulkindern rsSK (Faber, 1991; PSYNDEX Tests-Nr. 9002333) teilweise revidiert und erweitert. Mit seiner Hilfe sollte das rechtschreibbezogene Fähigkeitsselbstkonzept von Grundschulkindern möglichst differenziert erfasst werden. | ||
TestaufbauAufgrund der empirischen Ergebnisse von zwei Messzeitpunkten lassen sich 24 Items faktorenanalytisch eindeutig folgenden Subskalen zuordnen: 10 Items bilden die Skala "rechtschreibbezogene Leistungsprobleme und Hilflosigkeit" (rsHIL). Sie erfasst die von den Schülern rechtschreibspezifsch berichteten Lern- bzw. Leistungsschwierigkeiten und Misserfolgserfahrungen. SchülerInnen mit hohen Summenwerten erleben ihre rechtschreibbezogenen Bemühungen als erfolglos und zeigen sich resigniert. 8 Items bilden die Skala "diktatbezogene Zuversicht und Bewältigungskompetenz" (dikZUV). Sie erfasst die im Hinblick auf das Schreiben von Klassendiktaten berichtete Zuversicht. SchülerInnen mit hohen Summenwerten erleben das Klassendiktat von vornherein als Situation, die durch eigene Kompetenzen oder zusätzliche Übungsanstrengungen günstig von ihnen beeinflusst werden kann. Sie gehen davon aus, die gestellten Anforderungen absehbar bewältigen zu können. 6 Items bilden die Skala "negative affektive Bewertung" (negAFF). Sie erfasst die affektiven Abwertungsreaktionen gegenüber dem Rechtschreiben. SchülerInnen mit hohen Summenwerten beurteilen schulische bzw. häusliche Rechtschreibanforderungen als unangenehm und würden sie nach Möglichkeit lieber vermeiden. Insofern ist mit diesen Valenzkognitionen das individuell realisierte Ausmaß an emotionalen Distanzierungsstrategien selbstkonzeptionell abgebildet. Die Beantwortung der Items erfolgt durch Ankreuzen vierstufiger Schätzskalen, die graphisch vorgegeben und verbal verankert sind (stimmt genau - stimmt etwas - stimmt kaum - stimmt gar nicht). Die Items zu den verschiedenen Kompetenzeinschätzungen und zu den affektiven Bewertungsreaktionen sind im Fragebogen in gemischter Reihenfolge dargeboten. | ||
AuswertungsmodusEs werden die Itemscores markiert und zu skalenbezogenen Summenwerten zusammengefasst. | ||
AuswertungshilfenDie Auswertung geschieht mit Hilfe eines standardisierten Kodierungsschlüssels, der auch die im Einzelnen erforderliche Invertierung von Itemcodes berücksichtigt. | ||
AuswertungszeitPro Fall beläuft sich die Auswertungszeit auf etwa 10 Minuten. | ||
ItembeispieleSkala rsHIL: "Rechtschreibregeln verstehe ich nur schwer."Skala dikZUV: "Es fällt mir leicht, Diktate zu schreiben." Skala negAFF: "Hausaufgaben im Rechtschreiben mache ich gern." | ||
Alle Items02 H Rechtschreibregeln verstehe ich nur schwer.04 Z Für Diktate brauche ich nicht zu üben. 05 H Beim Schreiben mache ich immer wieder die gleichen Fehler. 08 H Es fällt mir schwer, im Rechtschreibunterricht mitzumachen. 09 A Mir wäre lieber, wenn Rechtschreiben in der Schule nicht so wichtig wäre. 10 Z Es fällt mir leicht, Diktate zu schreiben. 11 Z Wenn ich im Diktat etwas falsch schreibe, merke ich es selbst. 12 Z Ich bin ein guter Rechtschreiber. 13 H Bei manchen Wörtern muss ich lange überlegen, bis ich sie hinschreibe. 14 Z Wenn ich zu Hause viel übe, geht beim Diktat nichts mehr schief. 15 A Rechtschreiben macht mir meistens Spaß. 16 H Bei den leichtesten Wörtern passieren mir im Unterricht oft ganz dumme Fehler. 17 H Ich gebe mir beim Schreiben viel Mühe. Trotzdem mache ich mehr Fehler als andere 18 H Im Rechtschreibunterricht denke ich oft: "Das klappt bei mir nie." 19 Z Vor Diktaten bin ich sicher, dass ich die meisten Wörter richtig haben werde. 20 A Hausaufgaben im Rechtschreiben mache ich gern. 21 Z Im Diktat schreibe ich oft Wörter falsch, die ich sonst gut kann. 22 A Wenn ich wählen könnte, würde ich bei den Hausaufgaben das Rechtschreiben weglassen und lieber ein paar Rechenaufgaben mehr machen. 23 H Wenn die Lehrerin zu mir sagt, dass ich etwas falsch geschrieben habe, möchte ich am liebsten gar nicht mehr weiterschreiben. 24 Z Wenn wir ein Diktat schreiben, habe ich keine Sorgen, dass es zu schwer wird. 27 A Rechtschreiben finde ich langweilig. 28 A Ich bin dafür, dass wir im Unterricht noch viel öfter Rechtschreiben üben. 30 H Die anderen Schüler lachen mich wegen meiner Rechtschreibung oft aus. 31 Z Manche Schüler in meiner Klasse bewundern mich wegen meiner Rechtschreibung. Sie möchten ihre Diktate gern genauso schreiben wie ich. H = rsHIL-Skala, Z = dikZUV-Skala, A = negAFF-Skala | ||
Durchführung | ||
TestformenDer rsSK2-Fragebogen kann sowohl in der Einzel- wie auch in der Gruppensituation angewandt werden. Eine Parallelform liegt nicht vor. | ||
AltersbereicheIn Anbetracht der untersuchten Validierungsstichprobe empfiehlt sich seine Anwendung zunächst nur für SchülerInnen des vierten Grundschuljahres. | ||
DurchführungszeitInstruktion und Datenerhebung können in 15-20 Minuten realisiert werden. | ||
MaterialFragebogen und Schreibgerät. Der revidierte Fragebogen ist beim Autor erhältlich. | ||
InstruktionFür die Anwendung in Schulklassen liegt dem Fragebogen eine kurze Standardinstruktion mit Übungsitems bei. Sie sollte bei Bedarf durch ergänzende Erläuterungen vertieft werden. | ||
DurchführungsvoraussetzungenDer rsSK2-Fragebogen sollte derzeit nur von Personen mit zureichenden methodischen Kenntnissen und Kompetenzen, etwa Schulpsycholog(inn)en, Sonderpädagog(inn)en, Beratungslehrer(inne)n oder von eigens vorbereiteten Untersuchungsleiter(inne)n verwendet werden. | ||
TestkonstruktionDie Testkonstruktion orientierte sich an den Kriterien der Klassischen Testtheorie.Die unter "Theoretischer Hintergrund" dargestellten Vorüberlegungen haben zur Formulierung von drei Itemblöcken geführt, aus denen sich die Rohform des Fragebogens zusammensetzt: Dazu wurde ein Itempool mit 32 Aussagen erstellt, der die subjektiven Einschätzungen der SchülerInnen abbildet, aktuelle und künftige Rechtschreibanforderungen durch eigenes Handeln meistern zu können. SchülerInnen mit hohen rechtschreibbezogenen Kompetenzüberzeugungen dürften demnach erwarten, über hinreichende Wissensbestände und Verhaltensweisen zur Minimierung ihres Fehleraufkommens zu verfügen. Schüler mit niedrigen rechtschreibbezogenen Kompetenzerwartungen dürften dagegen erwarten, derartige Wissensbestände nicht ausreichend zu besitzen oder die zu ihrer erfolgreichen Aneignung und Umsetzung erforderlichen Verhaltensweisen nicht effektiv realisieren zu können - was im ungünstigsten Fall dem Erleben bereichsspezifischen Kontrollverlusts gleichkommt. Inhaltlich lassen sich die rechtschreibbezogenen Kompetenzannahmen dabei vor allem an zwei typischen Lernaspekten festmachen: Dies ist zum einen das Schreiben von Klassendiktaten, das zentrale Schlüsselereignis schulischer Rechtschreibanforderungen schlechthin, dessen angemessene Bewältigung sowohl gegenstandrelevante Schriftsprach- wie auch prüfungsrelevante Handlungskompetenzen erfordert. In Anbetracht des Umstands, dass gerade das Rechtschreiben einen verhältnismäßig übungsintensiven Lernbereich darstellt, ist dies zum anderen die subjektiv erlebte Wirksamkeit der eigenen Lernbemühungen - die Frage also, wie erfolgreich sich die SchülerInnen in der Aneignung von Rechtschreibfähigkeiten einschätzen und ihre entsprechenden Übungsbemühungen in weitgehend kontingentem Zusammenhang mit ihren Leistungsergebnissen wahrnehmen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass im rechtschreibspezifischen Selbstkonzept der SchülerInnen ebenso deren emotionale Bewertung des Lernfachs realisiert ist. Durch solche affektiven Valenzkognitionen werden einschlägigen Rechtschreibanforderungen eher angenehme oder unangenehme Eigenschaften zugeschrieben. SchülerInnen mit hohen Kompetenzerwartungen werden hier tendenziell positive, SchülerInnen mit niedrigen Kompetenzerwartungen negative Bewertungen vornehmen. Inhaltlich dürfte sich dies vor allem in dem Ausmaß niederschlagen, in dem das Rechtschreiben als belastend und wenig attraktiv empfunden wird und deutliche Meidungsreaktionen hervorruft. Da diese Valenzurteile immer auch die subjektive Befindlichkeit und motivationale Orientierung der SchülerInnen in der Auseinandersetzung mit den schulischen Rechtschreibanforderungen widerspiegeln, lassen sie sich auch als indirekte Selbstaussagen verstehen (Marsh, Craven & Debus, 1999; Pekrun, 1983; Wigfield & Karpathian, 1991). Alle empirischen Analysen wurden zu zwei Messzeitpunkten (zu Beginn und gegen Ende des Schuljahres) an einer Stichprobe von Kindern des vierten Grundschuljahres vorgenommen, die aus 17 verschiedenen Klassen an acht Schulen eines mehrheitlich großstädtischen Einzugsgebiets stammten. Die Stichprobe setzte sich aus N = 284 Kindern (145 Mädchen und 139 Jungen) zusammen. In die Auswertung konnten je nach Fragestellung und Messzeitpunkt n = 258-274 vollständige Datensätze einbezogen werden. Das Durchschnittsalter der Kinder lag zum ersten Messzeitpunkt bei 9;11 Jahren (SD = 6 Monate). Zur endgültigen Skalenbildung wurde dieser Itemsatz faktorenanalytisch untersucht. Aufgrund entsprechender Itemanalysen mussten von ursprünglich 32 Items zuvor 5 Items wegen unzureichender Varianzen aus dem Datensatz genommen werden. Die verbleibenden 27 Items wurden einer für jeden Messzeitpunkt gesondert berechneten Faktorenanalyse (PCA mit Varimaxrotation) unterzogen. Aufgrund der einschlägigen Vorstudienergebnisse (Faber, 1991) wurde von vornherein eine dreifaktorielle Lösung angenommen und überprüft. Die Ergebnisse dieser explorativen Faktorenanalysen erbringen zu beiden Messzeitpunkten ein dreifaktorielles Ladungsmuster, das sich jeweils ausnehmend prägnant und weitgehend konsistent darstellt. Für den ersten Messzeitpunkt kann diese Lösung 47.2% und für den zweiten Messzeitpunkt 49.8% der Gesamtvarianz aufklären. Alle Items lassen sich zu beiden Messzeitpunkten als faktorielle Markiervariablen verwenden (Fürntratt, 1969), insofern ihr Ladungswert hinreichend hoch ausfällt (a > = .40) und einen wesentlichen Anteil der jeweiligen Kommunalität (a2/h2 > = .50) spezifizieren kann. Dabei laden auf dem Faktor 1 zu beiden Messzeitpunkten solche Items hoch, mit denen die von den Schülern wahrgenommenen Rechtschreibschwierigkeiten erfasst werden. Dieser Faktor kann 18.5% (Messzeitpunkt 1) und 17.4% (Messzeitpunkt 2) der rotierten Varianz aufklären. Auf dem Faktor 2 laden zu beiden Messzeitpunkten solche Items hoch, mit denen die von den Schülern berichtete Zuversicht und Bewältigung von Klassendiktaten erfasst werden. Dieser Faktor kann 16.3% (Messzeitpunkt 1) und 18.8% (Messzeitpunkt 2) der rotierten Varianz aufklären. Und schließlich laden auf dem Faktor 3 zu beiden Messzeitpunkten alle Items hoch, mit denen die von den Schülern vorgenommene affektive Abwertung des Rechtschreibens erfasst wird. Dieser Faktor kann jeweils 11.6% (Messzeitpunkt 1) und 13.5% (Messzeitpunkt 2) der rotierten Varianz aufklären. Da die Items 01, 06 und 25 allerdings keine eindeutige und über beide Messzeitpunkte konsistente faktorielle Zuordnung erlauben, wurden sie von den weiteren Analysen ausgeschlossen und bei der Bildung entsprechender Subskalen nicht berücksichtigt. Ähnliche Bedenken bestanden zwar auch bezüglich des Items 09 zum ersten Messzeitpunkt, es wurde aber wegen des beträchtlichen Anteils, den es zum zweiten Messzeitpunkt an der entsprechenden Kommunalität faktoriell spezifizieren konnte, weiter verwendet. Die pro Skala berechneten part-whole-korrigierten Trennschärfen fallen allesamt zulänglich aus. Theoretisch erwartungsgemäß erfassen diese Subskalen keine voneinander unabhängigen Komponenten des rechtschreibbezogenen Fähigkeitsselbstkonzepts. Vielmehr erwiesen sich ihre Summenwerte deutlich korreliert. Die mit ihnen im Einzelnen zugänglichen Informationen beziehen sich somit auf empirisch noch unterscheidbare Facetten des rechtschreibbezogenen Schülerselbstkonzepts, die untereinander durch ein systematisches, inhaltlich logisches Zusammenhangsmuster verbunden sind. Tabelle 1 Faktorladungen (a), Kommunalitäten (h2) und Trennschärfen (rit) zu beiden Messzeitpunkten ---------------------------------------------------------------------- | ||
Gütekriterien | ||
ObjektivitätDurchführungs- und Auswertungsobjektivität können aufgrund standardisierter Instruktionsvorgaben und Auswertungsschlüssel als gesichert gelten. | ||
ReliabilitätFür alle Skalen wurden die internen Konsistenzen mittels Cronbachs Alpha sowie die Standardmessfehler (SE) berechnet. Die entsprechenden Werte fallen insgesamt zureichend aus (Tabelle 2). Gleiches gilt für die Wiederholungsreliabilitäten nach einem Zeitraum von knapp 11 Monaten, die für die rsHIL- und die dikZUV-Skala vergleichsweise höher ausfallen als für die negATT-Skala (Tabelle 3).Tabelle 2 Cronbachs Alpha und Standardmessfehler der rsSK2-Skalen zu beiden Messzeitpunkten -------------------------------------------------- | ||
ValiditätIhre Beziehungen zu den im Einzelnen herangezogenen Validierungsvariablen fallen weithin erwartungsgemäß aus (Tabelle 3): So zeigen sich alle drei Skalen mit den Rechtschreibleistungen deutlich höher korreliert als mit den Mathematikleistungen. Bei statistischer Kontrolle der Korrelationen zwischen diesen beiden Lehrereinschätzungen (r = .58 zum Messzeitpunkt 1 und r = .59 zum Messzeitpunkt 2, p < = .01) ergibt sich ein noch deutlicheres Bild: Auf der Basis entsprechender Regressionsanalysen weisen alle rechtschreibbezogenen Selbstkonzeptskalen erheblich stärkere Zusammenhänge mit den Rechtschreibleistungen auf. Dabei fällt allerdings auch der gedämpfte, aber signifikant positive Zusammenhang zwischen den Mathematikleistungen und der negAFF-Skala auf (Tabelle 4). Schüler mit höheren Mathematikleistungen nehmen demnach eine stärkere negative Bewertung des Rechtschreibbereichs vor - und umgekehrt. Dieses auf den ersten Blick scheinbar paradoxe Ergebnis mag auf intraindividuelle (dimensionale) Vergleichsprozesse zugunsten des jeweils besseren Fachs zurückzuführen sein (Faber, 1992; Möller, Pohlmann, Köller & Marsh, 2009). Hinsichtlich der kognitiv-motivationalen Persönlichkeitsvariablen zeigen sich die Beziehungen der rsSK2-Skalen in differenzieller Weise ausgeprägt: Die rsHIL-Skala erweist sich am stärksten mit der rechtschreibbezogenen Leistungsangst sowie etwas schwächer, aber immer noch im Ausmaß beträchtlich mit dem allgemeinen schulischen Fähigkeitsselbstkonzept und dem allgemeinen Selbstwertgefühl korreliert. Offenbar schlägt die Erfahrung rechtschreibbezogener Leistungsprobleme und Hilflosigkeit auch noch in beträchtlicher Weise ungünstig auf die fachunspezifischen Selbsteinschätzungen durch. Im Vergleich dazu fallen die Beziehungen der dikZUV-Skala mit der rechtschreibbezogenen Leistungsangst etwas schwächer, aber mit dem allgemeinen schulischen Fähigkeitsselbstkonzept am stärksten aus. Die subjektive Erwartung, konkret rechtschreibspezifische Prüfungssituationen angemessen bewältigen zu können, geht mit einer umfassend positiveren Kompetenzüberzeugung einher. Die negAFF-Skala erweist sich mit allen kognitiv-motivationalen Bezugsvariablen deutlich schwächer und dabei mit der rechtschreibbezogenen Leistungsangst noch verhältnismäßig am stärksten korreliert. Tendenziell erleben jene Schüler, die den schulischen Rechtschreibanforderungen ablehnend gegenüberstehen, auch in erhöhtem Umfang rechtschreibbezogene Leistungsangst.Und schließlich scheinen interindividuelle Unterschiede in den rechtschreibspezifischen Selbstkonzeptkomponenten gar nicht bzw. nur geringfügig vom Geschlecht der Schüler bestimmt, insofern die Jungen etwas stärkere affektive Abwertungsreaktionen gegenüber dem Rechtschreiben berichten als Mädchen. Gleichwohl fällt der entsprechende Zusammenhang vernachlässigbar gering aus (Faber, 2003a). Aufgrund dieser kriterienbezogenen Analyseergebnisse kann dem rsSK2-Fragebogen zumindest vorläufige Konstruktvalidität unterstellt werden. Dieser Befund hat sich mittlerweile auch in multivariat ausgelegten Untersuchungen zur Überprüfung der einschlägigen theoretischen Modellannahmen bestätigen lassen (Faber, 2007). Tabelle 3 Interkorrelationen, Stabilitäten sowie Korrelationen mit ausgewählten Leistungs- und Persönlichkeitsvariablen (zu den Messzeitpunkten 1 und 2) --------------------------------------------------Anmerkungen. Signifikanz: ***p Tabelle 4 Regressionsanalysen zur multiplen Vorhersage der rsSK2-Skalen auf der Basis der Rechtschreib- und Mathematikleistungen --------------------------------------------------Anmerkungen. Signifikanz: ***p | ||
NormierungEine Normierung wurde nicht vorgenommen. | ||
AnwendungsmöglichkeitenMit dem rsSK2-Fragebogen liegt ein Instrument vor, das zunächst einmal vorrangig im Rahmen der pädagogisch-psychologischen Selbstkonzeptforschung Verwendung finden sollte. Mit seiner Hilfe können weiterführende Untersuchungen zur Analyse des rechtschreibbezogenen Schülerselbstkonzepts - ebenso auch zur systematischen Validierung ähnlich bereichsspezifisch ausgelegter Verfahren zur Erfassung kognitiv-motivationaler Merkmale vorgenommen werden (Faber, 2007). Darüber hinaus kann er ebenso zur Evaluierung einschlägiger Interventionsverfahren herangezogen werden (Faber, 2003b, 2010; O'Mara, Marsh, Craven & Debus, 2006; Schulz, Dertmann & Jagla, 2003). Erst auf der Basis solcher Untersuchungen kann man über seine Eignung als individualdiagnostisches Verfahren zulänglich befinden. Dann stellt sich gegebenenfalls auch die Frage nach der Notwendigkeit entsprechender Normierungsstudien. | ||
BewertungMit den vorliegenden Ergebnissen können die einschlägigen Vorstudienbefunde weitreichend bestätigt und präzisiert werden. Der rsSK2-Fragebogen gestattet auch in seiner revidierten Form eine differenzierte und reliable Erfassung des rechtschreibspezifischen Selbstkonzepts von Kindern im höheren Grundschulalter. Aufgrund seiner differenziellen Beziehungen mit den herangezogenen Leistungs- und Persönlichkeitsvariablen kann das Verfahren insgesamt als vorläufig konstruktvalide gelten - insbesondere in Anbetracht der auf Schulfachebene erneut bestätigten Bereichsspezifität (Faber, 1992, 2007). Darüber hinaus wird einmal mehr deutlich, dass bereichsspezifische Valenzkognitionen, wie sie mit der negAFF-Subskala erfragt werden, als sinnvolle Facette zur inhaltlichen Präzisierung des leistungsthematischen Selbstkonzeptkonstrukts beitragen können (Marsh et al., 1999; Wigfield et al., 1997). | ||
Literatur
| ||
Originalfassung/Anderssprachige Fassungen
| ||
Autorenbeschreibung: Günter Faber (28.07.2010) | ||
APA-Schlagworte/PSYNDEX Terms: | Classical Test Theory; Questionnaires; Personality Measures; Elementary School Students; Educational Psychology; Schools; Academic Self Concept; Orthography; Competence; Counseling Psychology; Spelling; Academic Achievement Klassische Testtheorie; Fragebögen; Persönlichkeitstests; Grundschulkinder; Pädagogische Psychologie; Schulen; Leistungsbezogenes Selbstkonzept (Schule und Hochschule); Orthographie; Kompetenz; Beratungspsychologie; Buchstabieren; Leistung (Schule und Hochschule) | |
weitere Schlagworte: | 1990; 2010 (Open Test Archive); 2007; Open Access; 4. Schuljahr; 9 Jahre; Skalen: 1 Rechtschreibbezogene Leistungsprobleme und Hilflosigkeit, 2 Skala Diktatbezogene Zuversicht und Bewältigungskompetenz, 3 Negative affektive Bewertung | |
Klassifikation: | Persönlichkeitstests; Pädagogische Messung und Beurteilung; Psychosoziale Entwicklung und Persönlichkeitsentwicklung; Persönlichkeitseigenschaften und Persönlichkeitsprozesse Selbstkonzept- und Selbstbildskalen; Schulische Einstellungstests 9.9; 7.5 | |
Anwendungstyp: | Remedial Diagnosis | |
Art der Publikation: | Test; Electronic Resources (90; 94) | |
Sprache: | German | |
Übersetzungen: | English | |
Land: | Germany | |
Publikationsjahr: | 2007 | |
Änderungsdatum: | 201008 | |
info@leibniz-psychology.org | © 1996-2025 ZPID |