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Vollansicht des PSYNDEX Tests-Dokuments: Skala zur Erfassung fehlerartspezifischer Selbsteinschätzungen im Rechtschreiben | ||
PSYNDEX Tests-Dokument: 9006281 | ||
feSERs - Skala zur Erfassung fehlerartspezifischer Selbsteinschätzungen im Rechtschreiben (PSYNDEX Tests Review) | ||
Error-Specific Self-Perceptions in the Spelling Domain/author | ||
Faber, G. | ||
(2012). Elementary school children's spelling-specific self-beliefs. Longitudinal analyses of their relations to academic achievement, school attitudes, and self-esteem. New York: Nova Science Publishers. Online im Internet: https://www.testarchiv.eu/de/test/9006281 | ||
Bezugsquelle: Das Verfahren ist im Open Test Archive des ZPID enthalten und steht unter der Creative Commons-Lizenz "Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen)" (CC BY-SA); E-Mail: testarchiv@leibniz-psychology.org; URL: https://www.testarchiv.eu/; Stand: 1.5.2023. Anmerkung: Das Verfahren wurde 2010 in das Testarchiv des ZPID aufgenommen Nachweis im Testarchiv: Faber, G. (2010). feSERs. Skala zur Erfassung fehlerartspezifischer Selbsteinschätzungen im Rechtschreiben [Verfahrensdokumentation aus PSYNDEX Tests-Nr. 9006281, Autorenbeschreibung mit Fragebogen und Auswertung, Fragebogen mit Instruktion und Auswertung]. In Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) (Hrsg.),
Elektronisches Testarchiv. Trier: ZPID. | ||
Adresse(n): o Dr. Günter Faber (-2020), Institut für Pädagogische Psychologie, Leibniz Universität Hannover, Schloßwender Straße 1, D-30159 Hannover ; E-Mail: maritajahns2@web.de ; URL: http://www.psychologie.uni-hannover.de/guenter_faber.html ; Stand: 4.3.2021 o Geschäftsführende Leitung des Instituts für Pädagogische Psychologie, Leibniz Universität Hannover, Schloßwender Straße 1, D-30159 Hannover ; E-Mail: gl@psychologie.uni-hannover.de ; URL: https://www.psychologie.uni-hannover.de/ ; Stand: 05.03.2021 | ||
AbstractDiagnostische Zielsetzung:Die feSERs-Skala soll ausgewählt anforderungsbezogene Aspekte der Kompetenzannahmen von Grundschulkindern bezüglich ihrer Rechtschreibung erfassen, mit denen das entsprechende schulfachliche Selbstkonzept fehlerartspezifisch differenziert werden kann.
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Testkonzept | ||
Theoretischer HintergrundSelbstbezogene Wahrnehmungs- und Urteilsprozesse spielen eine entscheidende Rolle für die individuelle Verarbeitung schulischer Erfolgs- und Misserfolgserfahrungen. Mit ihnen sind die einschlägigen Kompetenzüberzeugungen von SchülerInnen (erwartungs- und wertbezogen) repräsentiert, die sich vor allem in deren leistungsthematischen Selbstkonzepten und Selbstwirksamkeitserwartungen manifestieren. Als relativ überdauernde, insofern auch persontypische kognitiv-motivationale Orientierungen wirken sie sich weitreichend verhaltensregulierend aus - unter anderem indem sie sich günstig bzw. ungünstig auf das entsprechende Lernverhalten der SchülerInnen niederschlagen können (Eccles, Wigfield & Schiefele, 1998; Pajares & Schunk, 2001). Strukturell haben sich die leistungsthematischen Schülerselbstkonzepte als integrierter Bestandteil eines umfassend dimensional und hierarchisch organisierten Selbstsystems nachweisen lassen: Als auf die eigenen schulischen Fähigkeiten bezogene Selbstannahmen, denen verschiedene nicht-schulische und nicht-leistungsbezogene Selbstkomponenten neben- und das allgemeine Selbstwertgefühl übergeordnet sind, setzen sie sich ihrerseits wieder aus inhaltlich unterscheidbaren Sub- oder Partialkonzepten zusammen - insbesondere im Hinblick auf das Erleben bereichs- bzw. anforderungsbezogener Kompetenzen. Insgesamt hat die einschlägige Befundlage überzeugend nachweisen können, dass sich unterschiedlich schulfachbezogen erfragte Schülerselbstkonzepte empirisch hinlänglich separieren lassen. Dabei gehen sie wesentlich auf einen starken verbalen und einen starken mathematischen Faktor zurück. Diese beiden latenten Faktoren spiegeln sich in jeweils besonderer Ausprägung in den verschiedenen schulfachbezogen realisierten Selbstannahmen wider. Innerhalb des Selbstsystems nehmen die schulfachspezifischen Selbstkonzepte schon eine relativ verhaltens- bzw. situationsnahe Position ein. Mit entsprechenden fachlichen Schulleistungsmaßen sind sie nachweislich auch stärker korreliert als fachunspezifisch erfasste Fähigkeitsselbstkonzepte oder das allgemeine Selbstwertgefühl der SchülerInnen. Ihre Beziehungen zu verschiedenen schulfachlichen Leistungen fallen in inhaltlich differenzieller Weise aus (Byrne, 1996; Frühauf, 2008; Marsh, 1992; Rost, Sparfeldt & Schilling, 2007; Valentine, DuBois & Cooper, 2004). Darüber hinaus scheinen sie grundsätzlich noch weiter in entsprechende Teilkonzepte auflösbar. So haben verschiedene Studien für das Selbstkonzept im Lesen, im Rechtschreiben, in der L2 Englisch und im IT-Bereich relativ eigenständige Merkmalskomponenten belegen können - die sich teilweise bereits im Grundschulalter ausformen (Chapman & Tunmer, 1995; Faber, 2007, 2009; Henk, Bottomley & Melnick, 1996; Henk & Melnick, 1995; Hinson, DiStefano & Daniel, 2003; Holder, 2005; Lau, Yeung, Jin & Low, 1999; Mata, Monteiro & Peixoto, 2009). Unterhalb dieser schulfachspezifischen Merkmalsebene sind zudem weitere anforderungs- bzw. aufgabenspezifische Kompetenzüberzeugungen anzunehmen. Als Selbstwirksamkeitserwartungen beziehen sie sich auf die Zuversicht von SchülerInnen, eine ganz bestimmte Aufgabe oder einen genau umschriebenen Aufgabentyp erfolgreich bearbeiten zu können (Pajares & Schunk, 2001). Theoretisch wäre zu erwarten, dass sich im individuellen Entwicklungsverlauf allmählich ein fließender Übergang zwischen schulfachspezifischen Selbstkonzepten, insbesondere ihren jeweiligen Teilkonzepten, und aufgabenspezifischen Selbstwirksamkeitserwartungen herausbilden sollte - insofern wiederholt gemachte Selbstwirksamkeitserfahrungen in der Auseinandersetzung mit konkreten Aufgaben längerfristig in das jeweils schulfachspezifische Selbstkonzept integriert werden und als Bestandteil nunmehr komplexerer Kompetenzerwartungen ihrerseits wieder das Ausmaß künftiger Selbstwirksamkeitserwartungen bezüglich des betreffenden Aufgabentyps prädisponieren dürften. In dieser Hinsicht zureichende empirische Befunde liegen jedoch noch nicht vor (Bong & Skaalvik, 2003; Marsh, Walker & Debus, 1991). Strukturell und prozessual gleichsam als Bindeglied zwischen schulfachbezogenen Selbstkonzeptkomponenten und aufgabenbezogenen Selbstwirksamkeitserwartungen erscheint theoretisch überdies eine Konstruktebene denkbar, mit der die innerhalb eines bestimmten Schulfachs anforderungstypischen Kompetenzannahmen kognitiv-motivational repräsentiert sind (Epstein, 1980; Shavelson, Hubner & Stanton, 1976) - in Mathematik beispielsweise als Einschätzungen des eigenen Könnens in den Grundrechenarten. Solche intrafachlichen Selbstkonzeptfacetten würden demnach über konkrete Aufgabenstellungen hinausreichende, mithin inhaltlich wie zeitlich bereits aggregierte Selbstannahmen enthalten. Aufgrund ihres proximal anforderungsspezifischen Bezugs sollten sie ein verhältnismäßig hohes Ausmaß an schulfachlicher Selbstkonzept- und Leistungsvarianz aufklären können (Phan & Walker, 2000). Für pädagogische Handlungskontexte dürfte ihre Erfassung zureichend konkrete und niedriginferente, insofern auch von SchülerInnen als gleichermaßen gegenstands- wie selbstrelevant nachvollziehbare Informationen liefern, mit deren Hilfe schulfachliche Leistungsentwicklungen differenziert thematisiert, beurteilt und, nicht zuletzt auch im Hinblick auf individuell mögliche Fehleinschätzungen, problematisiert werden könnten.Im Gegensatz zur Erforschung der leistungsthematischen Selbstwirksamkeit, die mittlerweile einen ausnehmend fundierten Kenntnisstand erbracht hat, finden sich hierzu bislang allerdings kaum geeignete Studien. Einzig Rankin, Bruning und Timme (1994) haben eine Skala zu rechtschreibbezogenen Selbsteinschätzungen entwickelt und erprobt, die unter anderem auch drei Items zur Bewältigung typischer orthografischer Anforderungen enthält. Vor diesem Hintergrund ist es ein Anliegen einer Untersuchungsreihe zu den rechtschreibbezogenen Selbsteinschätzungen von Grundschulkindern gewesen, deren erlebte Kompetenzen in Bezug auf typische rechtschreibliche Anforderungen zu erfassen und in ihren Beziehungen zu ausgewählten kognitiv-motivationalen wie leistungsmäßigen Bezugsvariablen zu klären. Ihre Operationalisierung ist dabei über eine Skala zu den fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen (feSERs) erfolgt, die im Einzelnen das individuell auftretende Ausmaß an verschiedenen orthografischen Schwierigkeiten thematisieren. Im Ergebnis bestätigen entsprechende multivariate Analysen ein differenziell gestuftes Beziehungsgefüge zwischen den untersuchten Merkmalen. Die fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen zeigen sich am stärksten mit den Rechtschreibleistungen und dem rechtschreibspezifischen Selbstkonzept kovariiert (Faber, 1989a, 1992, 2010). | ||
TestaufbauDas Verfahren besteht im Kern aus sieben Items im vierstufigen, verbal-graphisch vorgegebenen Antwortformat, die inhaltlich verschiedene rechtschreibtypische Fehlerarten erfassen. Zur einleitenden Fokussierung und Verankerung des Befragungsziels sind diesen fehlerartspezifischen Items drei allgemeinere Items zur subjektiven Einschätzung der eigenen Rechtschreibkompetenz vorangestellt. Die erfragten Fehlerarten werden jeweils durch ausgewählte Beispiele veranschaulicht. Die Beantwortung erfolgt durch Ankreuzen der individuell zutreffenden Häufigkeit ("oft", "manchmal", "selten" und "nie"). | ||
AuswertungsmodusDie Itemscores (1-4) werden zu skalenbezogenen Summenwerten zusammengefasst. | ||
AuswertungshilfenDie Auswertung geschieht mit Hilfe eines standardisierten Kodierungsschlüssels, der auch die im Einzelnen erforderliche Invertierung von Itemscores berücksichtigt. | ||
AuswertungszeitPro Fall beläuft sich die Auswertungszeit auf maximal 5-6 Minuten. | ||
ItembeispieleSERsK 01 In meiner Klasse gehöre ich zu den guten/mittleren/schwachen Rechtschreibern.feSERs-bf Ich schreibe Buchstaben nicht richtig. Beispiele: kwer statt quer, Schpaß statt Spaß, schteil statt steil | ||
Alle ItemsIn sämtlichen durchgeführten Untersuchungen wurden die folgenden feSERs-Items in der angegebenen Reihenfolge verwendet:SERsK 01 In meiner Klasse gehöre ich zu den guten/mittleren/schwachen Rechtschreibern. SERsK 02 In meinen Diktaten mache ich meistens nur wenig Fehler. SERsK 03 In meinen Diktaten mache ich ganz bestimmte Fehler öfter als andere Fehler. Wenn Du an Deine letzten Diktate denkst, welche Arten von Fehlern hast Du dabei vielleicht immer wieder gemacht? Und welche vielleicht nur wenig oder gar nicht? feSERs-bf Ich schreibe Buchstaben nicht richtig. Beispiele: kwer statt quer, Schpaß statt Spaß, schteil statt steil feSERs-ba Ich lasse Buchstaben aus. Beispiele: Bone statt Bohne, Fekel statt Ferkel, kent statt kennt feSERs-bh Ich schreibe Buchstaben, die im Wort zu viel sind. Beispiele: hollt statt holt, blarnk statt blank, trinckt statt trinkt feSERs-bu Ich stelle Buchstaben um. Beispiele: Kriede statt Kreide, Huas statt Haus, wiknen statt winken feSERs-bv Ich verwechsele Buchstaben. Beispiele: Weld statt Welt, lustich statt lustig, bleipt statt bleibt feSERs-fk Ich schreibe Wörter klein, die man groß schreiben muss. Beispiele: blume statt Blume, freude statt Freude, mut statt Mut feSERs-fg Ich schreibe Wörter groß, die man klein schreiben muss. Beispiele: Sie Lacht statt Sie lacht, Ich bin Durstig statt Ich bin durstig | ||
Durchführung | ||
TestformenDie feSERs-Skala kann sowohl in der Einzel- wie auch in der Gruppensituation angewandt werden. Eine Parallelform liegt nicht vor. | ||
AltersbereicheIn Anbetracht der bislang untersuchten Stichproben empfiehlt sich seine Anwendung zunächst nur für SchülerInnen des dritten und vierten Grundschuljahres. Erfahrungen aus entsprechenden Interventionskontexten verweisen aber auch auf die Möglichkeit, dieses Verfahren mit älteren Kindern und Jugendlichen durchzuführen. | ||
DurchführungszeitInstruktion und Datenerhebung können in 15-20 Minuten realisiert werden. | ||
MaterialFragebogen und Schreibgerät. Der Fragebogen ist beim Autor erhältlich. | ||
InstruktionFür die Anwendung in Schulklassen liegt dem Fragebogen eine kurze Standardinstruktion mit Übungsitems bei. Sie sollte bei Bedarf durch ergänzende Erläuterungen vertieft werden. | ||
DurchführungsvoraussetzungenDie feSERs-Skala sollte derzeit nur von Personen mit zureichenden methodischen Kenntnissen und Kompetenzen, etwa Schulpsycholog(inn)en, Sonderpädagog(inn)en, Beratungslehrer(inne)n oder von eigens vorbereiteten Untersuchungsleiter(inne)n verwendet werden. | ||
TestkonstruktionDie Testkonstruktion orientierte sich an den Kriterien der Klassischen Testtheorie.Die sieben feSERs-Items sollten die orthografischen Anforderungen bzw. Fehlerarten auf eine Weise erfassen, die von den SchülerInnen ohne besondere Voraussetzungen (wieder-)erkannt und verstanden werden kann - mithin ihre rechtschreiblichen Alltagserfahrungen reflektiert. Überdies sollten mit ihnen keinerlei explizite oder implizite Bewertungen und Erklärungen des im Einzelfall erlebten Fehleraufkommens assoziiert sein. Unter dieser Vorgabe erschien es nicht sinnvoll, linguistisch bereits formatierte Fehlerkategorien zu verwenden, die beispielsweise auf individuelle Fehlerbelastungen bei der Konsonantenverdopplung verweisen. Durch sie wären die interessierenden Selbsteinschätzungen möglicherweise mit dem individuellen Rechtschreibwissen der SchülerInnen konfundiert. Stattdessen wurden die fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen in Anlehnung an die deskriptive Fehlertypologie von Zingeler-Gundlach, Langheinrich und Kemmler (1973) phänomenologisch als gleichsam naive Fehlerarten gefasst - also als Probleme des Weglassens, Hinzufügens, Verwechselns oder Falschschreibens von Buchstaben operationalisiert. So gesehen ist mit ihnen selbstredend kein Anspruch auf eine psycholinguistisch valide Fehlerklassifikation verbunden. Der Umstand, die fälschliche Klein- bzw. Großschreibung von Wortanfängen in der Skala gesondert durch zwei Items zu erheben, ging überdies auf langjährige Erfahrungen in einschlägigen Interventionen zurück, insofern gerade Kinder mit Rechtschreibproblemen beide Aspekte häufig unterschieden und keine Beziehungen zwischen beiden Fehlern zu sehen vermochten. Dies bestätigte sich in einer Vorstudie zur Erprobung der Skala, in der beide Fehleraspekte lediglich zu r = .37 korreliert waren (Faber, 1989a). Diese feSERs-Items wurden schließlich, nachdem sie in entsprechenden Pilotuntersuchungen erprobt worden waren, zu zwei Messzeitpunkten (gegen Schuljahresbeginn und -ende) an einer Stichprobe von Kindern des vierten Grundschuljahres vorgenommen, die aus 17 verschiedenen Klassen an acht Schulen eines mehrheitlich großstädtischen Einzugsgebiets stammten. Die Stichprobe setzte sich aus N = 284 Kindern (145 Mädchen und 139 Jungen) zusammen. In die Auswertung konnten je nach Fragestellung und Messzeitpunkt n = 258-274 vollständige Datensätze einbezogen werden. Das Durchschnittsalter der Kinder lag zum ersten Messzeitpunkt bei 9;11 Jahren (SD = 6 Monate). Zusätzlich wurden ausgewählte Merkmale zum Selbstkonzept, zur Motivation, zum Verhalten und zu den Leistungen der SchülerInnen erfasst - in analoger Weise ebenso die fehlerartspezifischen Lehrereinschätzungen. Dabei wurde das rechtschreibbezogene Selbstkonzept mittels des eigens entwickelten rsSK2-Fragebogens erhoben (Faber, 2007). Für die feSERs-Items wurden die üblichen deskriptiven Statistiken, part-whole-korrigierte Trennschärfekoeffizienten sowie die Faktorladungen berechnet. Aufgrund der Kennwerte verblieben alle sieben Items in der Endversion des Verfahrens. Zur internen Validierung wurde die faktorielle Struktur der fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen ermittelt. Die durchgeführten Faktorenanalysen (PCA) können zu beiden Messzeitpunkten eine einfaktorielle Lösung für die endgültige Skalenbildung klar bestätigen (Tabelle 1). Die allgemein rechtschreibbezogenen Items zur Einleitung und Fokussierung des Verfahrens zeigen sich erwartungsgemäß mit den jeweiligen Summenwerten der feSERs-Skala korreliert. Zu beiden Messzeitpunkten nehmen sich SchülerInnen mit hohen fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen im sozialen Vergleich als leistungsschwächer wahr (r = -.52/-.55), erleben eine relativ starke Fehlerbelastung im Diktat (r = -.54/-.54) und geben an, im Diktat bestimmte Fehler häufiger zu machen (r = .46/.54). Tabelle 1 Faktorladungen (a), Kommunalitäten (h2) und Trennschärfen (rit) zu beiden Messzeitpunkten ----------------------------------------------------------------- | ||
Gütekriterien | ||
ObjektivitätAufgrund der Fragebogenform mit gebundener Beantwortung, der Vorgabe standardisierter Instruktionen sowie der Verfügbarkeit eines standardisierten Auswertungsschlüssels können die Durchführungs- und Auswertungsobjektivität des Verfahrens als gesichert gelten. | ||
ReliabilitätFür beide Messzeitpunkte wurden die internen Konsistenzen mittels Cronbachs Alpha sowie die Standardmessfehler (SE) berechnet. Die entsprechenden Werte fallen insgesamt zulänglich aus (Tabelle 1). Die Wiederholungsreliabilität der feSERs-Summenwerte beläuft sich (innerhalb eines Zeitintervalls von knapp 11 Monaten) auf rtt = .73 (p < = .001). | ||
ValiditätIn ihren Beziehungen zu den herangezogenen Kriteriumsvariablen zeigen sich die Summenwerte der feSERs-Skala zu beiden Messzeitpunkten verhältnismäßig stärker mit den rechtschreibbezogenen Persönlichkeits- und Leistungsmerkmalen korreliert (Tabelle 2). Allerdings stellen sich die Unterschiede in der Stärke dieser Zusammenhänge infolge der (erwartungsgemäß) hohen Interkorrelationen zwischen den einzelnen Kriteriumsvariablen bestenfalls graduell dar.Tabelle 2 Korrelationen mit ausgewählten Persönlichkeits- und Leistungsvariablen zu den Messzeitpunkten 1 und 2 ---------------------------------------------------------------Anmerkungen. rsSK = rechtschreibbezogenes Selbstkonzept; Signifikanz: ***p < .001. Ein in dieser Hinsicht prägnanteres Bild liefern daher entsprechend regressionsanalytische Ergebnisse: Auf der Ebene der kognitiv-motivationalen Bezugsvariablen wird deutlich, dass die fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen wesentlich mit der rechtschreibbezogen erlebten Hilflosigkeit, also einer Komponente des schulfachlich konvergenten Selbstkonzepts, kovariieren (Tabelle 3). Zudem finden sich hier zwar deutlich niedrigere, aber signifikante Beziehungen zum allgemeinen schulischen Fähigkeitsselbstkonzept. Inwieweit sie möglicherweise den hohen subjektiven Stellenwert der Rechtschreibung für die gesamte kognitiv-motivationale Orientierung der SchülerInnen reflektieren, kann auf der vorhandenen Datenbasis nicht entschieden werden. Tabelle 3 Regressionsanalytische Ergebnisse auf der Ebene kognitiv-motivationaler Bezugsvariablen zu den Messzeitpunkten 1 und 2: standardisierte Beta-Gewichte und multiple Regressionskoeffizienten -----------------------------------------------------Anmerkungen. rsSK = rechtschreibbezogenes Selbstkonzept; Signifikanz: ***p < .001, **p < .01, *p < .05. Auf der Ebene der Leistungsvariablen werden die fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen am besten durch die lehrerseits vorgenommenen Einschätzungen der individuellen Rechtschreibkompetenzen erklärt (Tabelle 4). Dabei nimmt die Stärke dieser Beziehung gegen Schuljahresende erkennbar zu, was formal auf den Umstand zurückgehen mag, dass sich interindividuelle Differenzen in den Leistungen und/oder Selbsteinschätzungen erst im Verlauf des vierten Grundschuljahres zunehmend entfalten. Da im Hinblick auf die übrigen Schulfächer alle Beziehungen statistisch wie praktisch unbedeutend bleiben, bestätigt sich der rechtschreibbezogen differenzielle Messanspruch der feSERs-Skala. Bei alledem scheinen die Ausprägungen in den fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen schließlich nicht vom Geschlecht der SchülerInnen abzuhängen. Tabelle 4 Regressionsanalytische Ergebnisse auf der Ebene der Schulleistungsvariablen zu den Messzeitpunkten 1 und 2: standardisierte Beta-Gewichte und multiple Regressionskoeffizienten -----------------------------------------------------Anmerkungen. rsSK = rechtschreibbezogenes Selbstkonzept; Signifikanz: ***p < .001, **p < .01, *p < .05. Betrachtet man regressionsanalytisch überdies die Beziehungen der feSERs-Summenwerte mit den Rechtschreibleistungen (Tabelle 5), dann wird deutlich, dass sie im direkten Vergleich mit weiteren rechtschreibspezifischen Selbstkonzeptvariablen durchgängig einen zusätzlichen Beitrag zur Klärung interindividueller Kompetenzunterschiede leisten können. So gesehen erscheint mit ihnen eine intrafachlich eigenständige Selbstkonzeptfacette repräsentiert. Tabelle 5 Regressionsanalytische Ergebnisse zum relativen Beitrag der feSERs-Summenwerte für die Aufklärung der Rechtschreibleistungen zu den Messzeitpunkten 1 und 2: standardisierte Beta-Gewichte und multiple Regressionskoeffizienten ---------------------------------------------------------------------Anmerkungen. rsSK = rechtschreibbezogenes Selbstkonzept, LURs = Lehrerurteil Rechtschreiben; Signifikanz: ***p < .001, *p < .05. Aufgrund dieser kriterienbezogenen Analyseergebnisse kann der feSERs-Skala zumindest vorläufige Konstruktvalidität unterstellt werden - allerdings nur bezüglich ihrer Summenwerte. Denn in hohen fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen manifestieren sich auf anforderungsspezifischem Selbstkonzeptniveau zunächst einmal geringe Kompetenzannahmen. Die betreffenden SchülerInnen schließen von ihrer individuell kritischen Leistungssituation auf entsprechend stärkere Fehlerbelastungen, vermögen Ausmaß und Beschaffenheit ihrer tatsächlichen Verschriftungsprobleme dabei aber im Einzelnen nur tendenziell zu realisieren. Tabelle 6 Korrelationen der einzelnen fehlerartspezifischen Schüler- und Lehrereinschätzungen mit den fehleranalytischen Ergebnissen im Rechtschreibtest zu den Messzeitpunkten 1 und 2 -----------------------------------------------------------------------------Anmerkungen. Signifikanz: ***p < .001, **p < .01. Die Korrelationen zwischen den Selbsteinschätzungen und den jeweils tatsächlich aufgetretenen Fehlern im Test bleiben insgesamt mäßig - was im Übrigen ebenso für die fehlerartspezifischen Lehrereinschätzungen gilt. Weiterreichende Analysen dieses Befunds haben wiederholt nachweisen können, dass diese mangelnde Kongruenz zwischen Selbsteinschätzungen und tatsächlichen Leistungen überwiegend durch signifikante Fehlerunterschätzungen der rechtschreibschwächeren SchülerInnen zustande kommt (Faber, 1989b, 2010). Damit bestätigen sie entsprechende Befunde aus ähnlichen Untersuchungen (Pintrich, Anderman & Klobucar, 1994; Klassen, 2008), die einen Mangel an Urteilsgüte in den Selbstwirksamkeitserwartungen von SchülerInnen mit Leistungsproblemen belegen. Selbst unter dem methodischen Vorbehalt, dass die auf der Basis von Testdaten vorgenommenen Fehleranalysen den Umgang mit Rechtschreibfehlern im alltäglichen Unterrichtsgeschehen möglicherweise nur bedingt abbilden, stellt sich die Frage, wieso gerade die SchülerInnen mit Rechtschreibproblemen nur verhältnismäßig ungenaue Angaben zu ihren Fehlern machen können. Auch wenn dieser Sachverhalt auf den ersten Blick durch selbstwertdienlich motivierte Wahrnehmungs- und Urteilsmuster erklärlich werden dürfte, bleibt auf den zweiten Blick die Überlegung, wieso solche kognitiv-motivationalen Strategien im pädagogischen Feld nicht systematisch aufgefangen und korrigiert werden können (Klassen, 2007). Unter diesem Aspekt wäre die Erfassung und Thematisierung fehlerartspezifischer Selbsteinschätzungen freilich ein wichtiger pädagogischer Zugang und die feSERs-Skala ein nützliches diagnostisches Instrument. | ||
NormierungEine Normierung wurde nicht vorgenommen. | ||
AnwendungsmöglichkeitenDie feSERs-Skala kann als Forschungsinstrument in empirischen Analysen zur Klärung rechtschreibspezifischer Selbstkonzeptstrukturen und -prozesse verwendet werden. Zugleich dürfte sie sich in pädagogisch-psychologischen Interventionskontexten als förderungsrelevantes Diagnoseverfahren eignen (Risel, 2003; Schwarzer & Schwarzer, 1983). Einschränkungen in der individuellen Akkuratheit fehlerartspezifischer Selbsteinschätzungen, die sich längerfristig auch hinderlich auf die Entwicklung problemadäquater Lernstrategien auswirken (Cleary, 2009), können im Unterricht oder in der Förderung erfasst, bewusst gemacht und diskutiert werden. Dadurch ergeben sich bereits wesentliche Anhaltspunkte für eine differenzierte(re) Selbstwahrnehmung der SchülerInnen, auf deren Grundlage zunehmend kooperative Diagnose- und Interventionsperspektiven erreicht werden können. Konkret würde dies bedeuten, die individuellen Fehlerbelastungen mit den fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen abzugleichen, etwaige Diskrepanzen zu explorieren und gemeinsame Überlegungen zum weiteren Lerngeschehen anzustellen (Faber, 1990a, 1990b). Zur schrittweisen Orientierung, Begleitung und Unterstützung des orthografischen Lernprozesses hat es sich als hilfreich erwiesen, die naiven Fehlerkategorien der feSERs-Skala zusammen mit den SchülerInnen nach lösungsrelevanten Erklärungs- und Handlungsmöglichkeiten zu sondieren: etwa in der Form, dass individuell häufige Buchstabenauslassungen zumeist mit doppelten Mitlauten zu tun haben und man nun herausbekommen muss, wann Mitlaute verdoppelt werden müssen (Faber, 2003). | ||
BewertungVor dem Hintergrund einschlägiger konzeptueller Modellvorstellungen markiert die Skala zur Erfassung der fehlerartspezifischen Selbsteinschätzungen im Rechtschreiben einen ersten methodischen Versuch, anforderungsspezifische Selbstkonzeptfacetten unterhalb der noch recht komplexen Schulfachebene, aber schon oberhalb der aufgabenbezogenen Selbstwirksamkeitsebene zu erfassen. Die empirischen Befunde bestätigen dieses Vorgehen insgesamt - was weitere Überlegungen zu seiner Optimierung natürlich nicht ausschließt. Unter anderem erscheint besonders für eine Verwendung in der Forschung noch das Problem klärungsbedürftig, dass mit dem hier verwendeten Skalenformat potenzielle Einschränkungen infolge unzulänglicher Lesefertigkeiten bzw. fortgeschrittener Leseunlust verbunden sein könnten. Hinzu kommt die grundlegende Schwierigkeit, individuell maßgebliche Rechtschreibfehler verbal eindeutig genug operationalisieren zu können. Daher ist inzwischen ein alternatives Skalenformat entwickelt worden, das wesentliche Fehlerarten gerade für SchülerInnen mit schriftsprachlichen Schwierigkeiten vergleichsweise prägnanter und eindeutiger thematisieren kann - indem etwa prototypische Fehlerstellen stärker visualisiert und mittels exemplarischer Wortbilder dargestellt werden. Allererste empirische Ergebnisse zur Verwendung dieser alternativen Erhebungsform erscheinen vielversprechend.Darüber hinaus lässt sich die Skala auch als unterrichts- bzw. förderungsrelevantes Diagnoseinstrument einsetzen, indem die mit ihr erhobenen Informationen für die systematische Einbindung fehlerartspezifischer Selbsteinschätzungen in den orthographischen Lernprozess herangezogen werden können - etwa als Gesprächsanlass zur schrittweisen Differenzierung, auch Korrektur subjektiv bestehender Selbstwahrnehmungen und zur kooperativen, auch zunehmend selbstverantwortlichen Einbindung der SchülerInnen in das laufende Lerngeschehen. Allerdings erscheint eine derartige Verwendung der Skala absehbar nur in einem breiteren Kontext unterstützender und kognitiv-motivational ausgerichteter Maßnahmen sinnvoll. | ||
Literatur
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Autorenbeschreibung: Günter Faber (27.08.2010) Zitiervorschlag: Faber, G. (2010). feSERs. Fehlerartspezifische Selbsteinschätzungen im Rechtschreiben (Review). In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), PSYNDEX Tests. Datenbanksegment Psychologischer und Pädagogischer Testverfahren (Dok.-Nr. 9006281). Trier: ZPID.Online im Internet, URL: https://www.pubpsych.de/retrieval/PSYNDEXTests.php?id=9006281 | ||
APA-Schlagworte/PSYNDEX Terms: | Classical Test Theory; Questionnaires; Personality Measures; Elementary School Students; Educational Psychology; Schools; Academic Self Concept; Orthography; Competence; Counseling Psychology; Spelling; Academic Achievement Klassische Testtheorie; Fragebögen; Persönlichkeitstests; Grundschulkinder; Pädagogische Psychologie; Schulen; Leistungsbezogenes Selbstkonzept (Schule und Hochschule); Orthographie; Kompetenz; Beratungspsychologie; Buchstabieren; Leistung (Schule und Hochschule) | |
weitere Schlagworte: | 2010; 2010 (Open Test Archive); Open Access; Rechtschreibliche Alltagserfahrungen; Rechtschreibspezifische Selbstkonzeptstrukturen; Schulfachliches Selbstkonzept; ab 3. Schuljahr; bis 4. Schuljahr; ab 8 Jahre: bis 9 Jahre; 3 Items zur subjektiven Einschätzung der eigenen Rechtschreibkompetenz; 7 fehlerartspezifische Items | |
Klassifikation: | Persönlichkeitstests; Pädagogische Messung und Beurteilung; Psychosoziale Entwicklung und Persönlichkeitsentwicklung; Persönlichkeitseigenschaften und Persönlichkeitsprozesse Selbstkonzept- und Selbstbildskalen; Schulische Einstellungstests 9.9; 7.5 | |
Anwendungstyp: | Research (Tests) | |
Art der Publikation: | Test; Electronic Resources (90; 94) | |
Sprache: | German | |
Übersetzungen: | English | |
Land: | Germany | |
Publikationsjahr: | 2012 | |
Änderungsdatum: | 201904 | |
info@leibniz-psychology.org | © 1996-2023 ZPID |