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Analyse von arbeitsbedingten Belastungen und Ressourcen

 PSYNDEX Tests-Dokument: 9007411
 

AABR - Analyse von arbeitsbedingten Belastungen und Ressourcen (PSYNDEX Tests Review)

 

Analysis of work-related strains and resources/author

 Lothaller, H., Beidernikl, G., Lahousen, A. & Langner, A.
 (2015). AABR - Analyse von arbeitsbedingten Belastungen und Ressourcen. Wien: vieconsult GmbH.

 Bezugsquelle: vieconsult Vienna Corporate Research and Development GmbH, Wasagasse 6/6, A-1090 Wien, Österreich; E-Mail: office@vieconsult.at; URL: http://vieconsult.at/; Stand: 11.5.2017

 Adresse(n): o Mag. Gerd Beidernikl, geschäftsführender Gesellschafter von vieconsult, Lehrvortragender für Organisationssoziologie, Wasagasse 6/6, A-1090 Wien, Österreich ; E-Mail: gerd.beidernikl@vieconsult.at ; URL: https://www.hrweb.at/author/beidernikl/ ; Stand: 9.5.2017
o Mag. Dr. Harald Lothaller bei PsychAuthors: https://www.psychauthors.de/psychauthors/index.php?wahl=forschung&uwahl=psychauthors&uuwahl=p00642HL
 
WWW-Informationen:
 

Abstract

Diagnostische Zielsetzung:
Die AABR, Analyse von arbeitsbedingten Belastungen und Ressourcen, ist ein bedingungsbezogenes, objektives Erhebungsinstrument, das die vier Dimensionen arbeitsbedingter psychischer Belastungen gemäß ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG, 2014) erfasst. Die AABR ist zur Evaluierung psychischer Belastungen als alleinstehendes Instrument konzipiert, kann aber auch in umfangreichere MitarbeiterInnenbefragungen integriert werden.


Aufbau:
Die AABR liegt in einer Standardform mit 25 Items vor, die zu drei bzw. vier Subskalen ("Aufgabenanforderungen und Organisationsklima", im Sinne des ASchG 2014 weiter differenzierbar in "Aufgabenanforderungen und Tätigkeiten" sowie "Sozial- und Organisationsklima", "Arbeitsumgebung" und "Arbeitsabläufe und Aufgabenorganisation") zusammengefasst werden bzw. ein Gesamtitem umfassen. Es gibt aufgrund der Kürze keine weiteren Kurzformen. Es sind keine Branchenformen notwendig, Normdaten für verschiedene Branchen und Tätigkeiten sind aus der Validierungsstudie vorhanden. Die AABR ist ein Verfahren auf der Präzisionsstufe 2: Screeningverfahren nach ÖNORM EN ISO 10075-3.


Grundlagen und Konstruktion:
Die AABR wurde als Fragebogen zur Erhebung arbeitsbedingter psychischer Belastungen (gem. ASchG, 2014) in Organisationen entwickelt. Theoretisches Fundament der AABR bildet das Belastungs-Beanspruchungskonzept nach Rohmert (1984; entsprechend ÖNORM EN ISO 10075-1). Daraus leitet sich ab, dass Belastungen eine optimale Ausprägung haben (z. B. weder Unter- noch Überforderung bei der Arbeit) und Abweichungen davon nach unten als auch nach oben (z. B. also sowohl Unterforderung als auch Überforderung) negative Belastungen darstellen, die zu negativen Beanspruchungen bzw. Fehlbeanspruchungen bzw. Beeinträchtigungen führen. Diese grundlegende Ursache-Wirkung-Beziehung wurde durch eine salutogenetische Sichtweise erweitert: Gelingt die Bewältigung eines Spannungszustandes, kommt es über die Verhinderung einer Stressreaktion hinaus zu gesundheits- bzw. persönlichkeitsfördernden Effekten. Dem entsprechen auch aktuelle Beschreibungen der Belastungs-Beanspruchungs-Beziehung, wenn beispielsweise zwischen erwünschter Beanspruchung (z. B. Anregung, Aktivierung) und beeinträchtigender Beanspruchung (z .B. Ermüdung, Stress) als Folge von psychischer Belastung unterschieden wird. Belastungen und Ressourcen, die mit der Arbeit einhergehen, werden in diesem ganzheitlichen Sinne auf einer Skala von "sehr förderlich" bis "sehr belastend" erfasst. Neben diesen inhaltlichen Anforderungen erfüllt die AABR als qualitätsgesichertes Messverfahren zur Ermittlung und Beurteilung von psychischen Arbeitsbelastungen testtheoretische Anforderungen der Klassischen Testtheorie und gemäß ÖNORM EN ISO 10075-3 (2004).


Empirische Prüfung und Gütekriterien:
Reliabilität: Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) des Verfahrens gemäß ÖNORM EN ISO 10075-3 (2004) ist gegeben und liegt in einer österreichischen, repräsentativen Stichprobe (N = 4 000) bei Alpha = .79 bis .90 für die Skalen der AABR.
Validität: Die inhaltliche Gültigkeit gemäß ÖNORM EN ISO 10075-3 (2004) ist gegeben. Aus der Verfahrensentwicklung heraus liegt eine faktorielle Validität gemäß der ÖNORM EN ISO 10075-3 (2004) vor, dies wurde durch die Faktoren- und Reliabilitätsanalysen auch empirisch nachgewiesen. Die konkurrierende Validierung bzw. Konstruktvalidierung für die AABR wurde im Rahmen der Validierungsstudie (N = 4 000), in deren Rahmen gleichzeitig mehrere Verfahren eingesetzt wurden, die als Instrumente zur Evaluierung psychischer Belastungen anerkannt sind und daher stark verwandte bzw. gleiche Konstrukte wie die AABR messen, nachgewiesen.
Normen: Es liegen repräsentative Normen für die österreichische Erwerbsbevölkerung vor, die für die Gesamtstichprobe sowie nach Geschlecht, Alter, Ausbildung, Beschäftigungsausmaß, Führungsverantwortung, Branche sowie Tätigkeitsart und -dauer differenziert verwendet werden können. Die Normwerte wurden an N = 4 000 österreichischen Teilnehmern (51% weiblich, 49% männlich; Altersdurchschnitt: M = 40.3, SD = 10.8) im Jahre 2015 gewonnen.

 

Testkonzept

 

Theoretischer Hintergrund

Der Fragebogen zur "Analyse von arbeitsbedingten Belastungen und Ressourcen" (AABR; Lothaller, Beidernikl, Lahousen & Langner, 2015) wurde in einem gemeinschaftlichen Arbeitsprojekt von Harald Lothaller (Arbeitspsychologe, Graz) und der vieconsult GmbH (Wien) für die Erhebung arbeitsbedingter psychischer Belastungen (gem. österreichischem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz [ASchG], 2014) in Organisationen entwickelt. Theoretisches Fundament der AABR bildet das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept nach Rohmert (1984) gemäß der ÖNORM EN ISO 10075-1 (2004). Daraus leitet sich ab, dass Belastungen eine optimale Ausprägung haben (z. B. weder Unter- noch Überforderung bei der Arbeit) und Abweichungen davon nach unten als auch nach oben (z. B. also sowohl Unterforderung als auch Überforderung) negative Belastungen darstellen, die zu negativen Beanspruchungen bzw. Fehlbeanspruchungen bzw. Beeinträchtigungen führen. Es erscheint jedoch zweckmäßig und plausibel, diese grundlegende Ursache-Wirkung-Beziehung durch eine salutogenetische Sichtweise zu erweitern: Gelingt die Bewältigung eines Spannungszustandes, kommt es über die Verhinderung einer Stressreaktion hinaus zu gesundheits- bzw. persönlichkeitsfördernden Effekten. Dem entsprechen auch aktuelle Beschreibungen der Belastungs-Beanspruchungs-Beziehung, wenn beispielsweise zwischen erwünschter Beanspruchung (z. B. Anregung, Aktivierung) und beeinträchtigender Beanspruchung (z. B. Ermüdung, Stress) als Folge von psychischer Belastung unterschieden wird (Joiko, Schmauder & Wolff, 2010, S. 10-14). Belastungen und Ressourcen, die mit der Arbeit einhergehen, werden in diesem ganzheitlichen Sinne auf einer Skala von "sehr förderlich" bis "sehr belastend" erfasst. Neben diesen inhaltlichen Anforderungen "müssen qualitätsgesicherte Messverfahren zur Ermittlung und Beurteilung von psychischen Arbeitsbelastungen testtheoretische Anforderungen an Verfahren, wie sie auch in ÖNORM EN ISO 10075-3 beschrieben werden (Hauptgütekriterien sind Objektivität, Reliabilität und Validität), erfüllen. Die Norm beschreibt auch Anforderungen hinsichtlich der Dokumentation für die Entwicklung eines Verfahrens zur Messung von psychischen Arbeitsbelastungen" (Huber, Molnar & Steurer, 2013, S. 15). Die ÖNORM EN ISO 10075-1 (2004) definiert psychische Belastung als "alle Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken" (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit [BAuA], (o. J.), S. 10; Klösch, 2013, S. 5). Wie also bereits zuvor kurz erwähnt, müssen Instrumente zur Evaluierung psychischer Belastungen somit ausschließlich von außen einwirkende Reize berücksichtigen, d. h. bedingungsbezogen und nicht personenbezogen konzipiert sein: Mit bedingungsbezogenen Verfahren werden psychische Belastungen analysiert, die aus den Merkmalen der Arbeitsgestaltung resultieren. Die Analyse erfolgt unabhängig von individuellen Besonderheiten einzelner Personen. So wird z. B. nach dem Vorkommen (z. B. trifft zu vs. trifft nicht zu) oder nach dem Umfang (z. B. täglich, wöchentlich, monatlich, jährlich) von Störungen bei der Arbeit gefragt bzw. werden diese beobachtet. "Geeignete Instrumente analysieren dementsprechend Merkmale psychischer Belastungen, die sich aus den Arbeitsbedingungen (Verhältnissen) und nicht aus individuellen Besonderheiten einzelner MitarbeiterInnen ergeben" (Klösch, 2013, S. 13). Die in der AABR erhobenen Aspekte berücksichtigen dieses Konzept und erfragen ausschließlich Arbeitsbedingungen, nicht jedoch individuelle Besonderheiten.
 

Testaufbau

Die AABR ist ein standardisiertes Screeningverfahren, welches mittels Papier-Bleistift- oder Online-Form durchgeführt wird. Das Verfahren umfasst insgesamt 25 Items, die auf einer fünfstufigen Likert-Skala ("1 = sehr förderlich" bis "5 = sehr belastend") beantwortet werden. Bei der Durchführung beurteilen die Mitarbeiter entlang der Dimensionen ("Sozial- und Organisationsklima", "Arbeitsumgebung", "Aufgabenanforderungen und Tätigkeiten", "Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation") psychische Belastungen in ihrem Arbeitsumfeld. Ergänzend kommen offene Fragen zur Erhebung qualitativer Zusatzinformationen zum Einsatz.
Der vorgeschlagene Fragebogenaufbau (Online-Befragung & Papierbefragung) stellt sich wie folgt dar und kann, wenn die AABR im Rahmen einer größeren Befragung (z. B. Mitarbeiterbefragung) eingesetzt wird, angepasst werden:
(1) Demografie, Organisationszuordnung und Tätigkeitsgruppe;
(2) Startseite - Testinstruktion, kundenindividuell erweiterbar;
(3) 25 Items aufgeteilt auf vier Dimensionen mit fünfstufiger Likert-Skala
(4) Jeweils eine offene Frage nach jedem Fragenblock (Dimension).
 

Auswertungsmodus

Die Items werden auf einer fünfstufigen Likert-Skala ("1 = sehr förderlich" bis "5 = sehr belastend") beurteilt. Der Wertebereich der Mittelkategorie plus/minus 0.5 Skalenpunkte (d. h. 2.5 bis 3.5) ist als neutraler Bereich anzusehen. Werte, die unter diesem neutralen Bereich (d. h. im Bereich der Skalenpunkte "eher belastend" und "sehr belastend") liegen, weisen auf eine gesundheits-/persönlichkeitsbeeinträchtigende psychische Belastung hin und werden in Auswertungsdarstellungen durch rote Farbe gekennzeichnet. Werte, die über diesem neutralen Bereich (d. h. im Bereich der Skalenpunkte "eher förderlich" und "sehr förderlich") liegen, weisen auf eine gesundheits-/persönlichkeitsfördernde Ausprägung hin und werden in grün dargestellt.
Es werden pro Item der Mittelwert der Wertebereiche und die Häufigkeiten der Antworten ermittelt. Optional kann die Darstellung der Mittelwerte pro Dimension ergänzt werden. Die Daten der Normstichproben können als Benchmarks zum externen Vergleich verwendet werden.
 

Auswertungshilfen

Die Auswertung erfolgt mittels Auswertungstool der vieconsult GmbH. Zur Auswertung stehen repräsentative Normstichproben zur Verfügung.
 

Auswertungszeit

Die Auswertungszeit einer Befragung variiert abhängig von Anzahl der enthaltenen demographischen Variablen, Auswertungstiefe sowie dem Durchführungsmodus (Papier- oder Online-Befragung). Im Rahmen einer Online-Befragung kann eine automatisierte Auswertung ohne zusätzlichen Auswertungszeitaufwand integriert werden.
 

Itembeispiele

Anmerkung: Im Folgenden wird für jede Dimension ein Item vorgestellt.

Sozial- und Organisationsklima:
"Die Zusammenarbeit mit meinen Kollegen bei meiner Tätigkeit ist für mich..."
Arbeitsumgebung:
"Die klimatischen Bedingungen (z.B. Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Belüftung) meiner Tätigkeit sind für mich..."
Aufgabenanforderungen und Tätigkeiten:
"Die fachlichen Anforderungen (z. B. Über-/Unterforderung, geforderte Qualifikationen) meiner Tätigkeit sind für mich..."
Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation:
"Die übliche Arbeitsmenge in meiner Tätigkeit ist für mich..."
 

Durchführung

 

Testformen

Das Verfahren kann als Online-Befragung sowie als Papier-Befragung durchgeführt werden, es ist keine zusätzliche Software notwendig. Die Befragung erfolgt individuell. Die AABR ist in sechs Sprachen (deutsch, englisch, türkisch, kroatisch, serbisch, bosnisch) verfügbar.
 

Altersbereiche

Da das Verfahren für die Analyse psychischer Belastungen am Arbeitsplatz entwickelt worden ist, ist die AABR für alle Altersbereiche im arbeitsfähigen Alter geeignet.
 

Durchführungszeit

Die durchschnittliche Durchführungszeit beträgt 10 Minuten. Durch ergänzende soziodemografische Variablen oder offene Fragen kann die Durchführungszeit gegebenenfalls variieren.
 

Material

Für die Durchführung wird ausschließlich der Fragebogen benötigt. Die Durchführung kann auf Papier oder als Online-Befragung, für die eine (optisch anpassbare) Befragungsplattform von H. Lothaller und vieconsult GmbH zur Verfügung gestellt werden kann, erfolgen. Für die Auswertung und Interpretation liegt ein Kurzmanual vor, eine Auswertung kann bei einer Online-Befragung auch über die Befragungsplattform automatisiert erfolgen. Für die Papier-Bleistift-Version wird ein Schreibgerät und für die Online-Version ein PC benötigt.
 

Instruktion

Standardisierte Durchführungsinstruktionen für Papier- sowie Online-Fragebögen werden vor Befragungsbeginn zur Verfügung gestellt und den Teilnehmern im Zuge der Befragung schriftlich vorgegeben.
 

Durchführungsvoraussetzungen

Die AABR soll als Instrument zur Evaluierung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz unter Beteiligung von qualifizierten Arbeitspsychologen angewendet werden. Zur Wahrung der Validität sollte vor der Durchführung ein ausreichendes Sprachverständnis der Befragten sichergestellt werden. Optional kann hier auf weitere Verfahrenssprachen ausgewichen werden.
 

Testkonstruktion

Die Entwicklung des Fragebogeninstruments orientierte sich eng an der ÖNORM EN ISO 10075-1, 10075-2, 10075-3 (2004) bzw. dem Leitfaden des Arbeitsinspektorats (Huber et al., 2013). Die Fragebogenkonstruktion erfolgte deduktiv und beruhte dabei auf dem Belastungs-Beanspruchungskonzept (Rohmert, 1984) unter Berücksichtigung des Konzepts der Salutogenese (Antonovsky, 1997; Biffl et al., 2011). In einem ersten Schritt wurden Items für die einzelnen Kriterien gemäß dem Leitfaden für die Arbeitsinspektion (Huber et al., 2013) erstellt, die möglichst nahe an den Bezeichnungen der Kriterien angelehnt waren. Durch die unmittelbare Ableitung aus den Kriterien wurde gewährleistet, dass alle Items als bedingungsbezogen gelten. Als Zwischenergebnis lag an dieser Stelle ein nach den vier Dimensionen gegliederter Itempool vor. In einem mehrmonatigen Überarbeitungsprozess entstand ein endgültiger Pool von 25 Items für die Validierungsstudie, in deren Rahmen und auf Grundlage der empirischen Daten eine induktive, faktorenanalytische sowie reliabilitätsanalytische Überprüfung der Items erfolgte. Die Validierung wurde mit einer Fallzahl von N = 4 000 durchgeführt. Mit der Durchführung der Befragung wurde die respondi AG beauftragt. Die Befragung wurde in zwei Phasen mit jeweils zwei Bedingungen durchgeführt. In jeder Phase wurden 2 000 Personen befragt, wovon jeweils 1 000 eine feste Abfolge der Instrumente sowie der Items innerhalb der Instrumente bzw. eine zufallsrotierte Abfolge von Instrumenten und Items vorgegeben wurde. Dies ergab für alle Items der AABR akzeptable Itemschwierigkeiten zwischen P = .20 und P = .80 (Weise, 1975). Zwei Items der AABR wiesen einen Anteil von Antworten in der Ausweichkategorie von mindestens 10% auf. Diese wurden im Hinblick auf eine höhere Klarheit und Anwendbarkeit für verschiedene Arbeitssituationen verbessert. Ergänzend dazu wurden nach Abschluss der ersten Phase testweise Faktorenanalysen und Reliabilitätsanalysen durchgeführt. Diese ergaben inhaltlich sinnvolle Faktoren mit hoher interner Konsistenz. Die Phase 2 wurde am 14. April 2015 gestartet und am 21. April 2015 mit dem Erreichen von 2 000 Personen in der Phase und 4 000 Personen insgesamt beendet. Auch in der Phase 2 wiesen alle Items der AABR Werte für Itemschwierigkeiten zwischen P = .20 und P = .80 auf. Alle 24 Items der AABR wiesen günstige Trennschärfen auf; sowohl hinsichtlich der drei Faktoren als auch der vier Dimension lagen die Trennschärfen immer über rit = .30, der geringste Wert betrug rit = .50 und der höchste Wert rit = .72.
Sowohl nach Phase 1 als auch nach Phase 2 wurde der Einfluss der beiden Anwendungsbedingungen - Einsatz mit fixer Reihenfolge bzw. Zufallsrotation - analysiert. Die Effektgröße wurde mittels Cohens d ermittelt und lag für fast alle Items im Bereich von keinem bis kleinem Effekt gemäß Cohen (1988). Für sieben Items lag der Effekt über d = .20 und unter d = .30, für ein Item lag er bei d = .33 und somit zwischen kleinem und mittlerem Effekt. Insgesamt sind beide Einsatzformen der AABR auf Einzelitemebene als gleichwertig zu betrachten. Zur Extraktion der Faktoren wurde eine Hauptkomponentenanalyse herangezogen. Als Rotationsmethode wurde die Oblimin-Rotation festgelegt, da die differenzierbaren Faktoren dennoch einer gemeinsamen übergeordneten Dimension der psychischen Belastung zugehörig sind und somit untereinander korrelieren dürfen. Die Analyse ergab in sieben Iterationen drei Faktoren nach dem Kaiser-Guttmann-Kriterium mit einem Eigenwert > 1. Kumuliert werden 54.75% der Varianz durch die drei Faktoren aufgeklärt. Weitere Informationen zur Testentwicklung und Validierungsstudie finden sich im Kurzbericht zur Validierungsstudie (Lothaller, 2015).
 

Gütekriterien

 

Objektivität

Die Durchführungsobjektivität ist gemäß Rammstedt (2004, S. 3) durch die standardisierten Bedingungen gegeben. InterviewerInneneffekte sind bei der selbstauszufüllenden AABR auszuschließen. Reihenfolgeeffekte der Items können durch die Analyse der Anwendungsbedingungen - Einsatz mit fixer Reihenfolge bzw. Zufallsrotation - ausgeschlossen werden. Durch die überschaubare Itemanzahl und daraus folgende kurze Bearbeitungsdauer sind Unterbrechungen der Fragebogenbearbeitung nicht zu erwarten. Die Auswertungsobjektivität ist gemäß Rammstedt (2004, S. 3-4) durch die computergestützte Anwendung und Auswertung der AABR in maximalem Ausmaß gegeben.
 

Reliabilität

Die Reliabilitätskennwerte (Cronbachs Alpha) der AABR für alle drei Faktoren bzw. alle drei der vier Dimensionen liegen über Alpha = .80 und teilweise sogar bei rund Alpha = .90. Sie sind somit als gut bis sehr gut anzusehen (siehe Tabelle 1). Für eine Dimension aus der Differenzierung von Faktor 1 liegt Cronbachs Alpha geringfügig unter Alpha = .80. Mit Alpha = .79 ist sie dennoch im von der ÖNORM EN ISO 10075 (2004) geforderten Bereich und gemäß Rammstedt (2004, S. 15) auch noch eindeutig als befriedigend anzusehen.

Tabelle 1
Reliabilitätskennwerte (Cronbachs Alpha) der vier AABR-Dimensionen
---------------------------------------------------------------------- 
AABR
Faktor Itemanzahl Bezeichnung Alpha
----------------------------------------------------------------------
1 11 Aufgabenanforderungen und .90
Organisationsklima
1a 6 Aufgabenanforderungen und Taetigkeiten .85
1b 5 Sozial- und Organisationsklima .79
2 7 Arbeitsumgebung .87
3 6 Arbeitsablaeufe und Arbeitsorganisation .85
----------------------------------------------------------------------
 

Validität

Für die AABR liegt einerseits aus der Verfahrensentwicklung heraus eine faktorielle Validität gemäß der ÖNORM EN ISO 10075-3 (2004, Punkt 3.3) vor, da die Itementwicklung von vorne herein darauf ausgelegt war, dass die AABR die Belastungskriterien gemäß Leitfaden des Arbeitsinspektorats (Huber et al., 2013) unter Berücksichtigung der illustrierenden Gefahren abbildet. Dies wurde durch die Faktoren- und Reliabilitätsanalysen auch empirisch nachgewiesen.
Andererseits wurde eine konkurrierende Validierung bzw. Konstruktvalidierung für die AABR durchgeführt. Hierfür wurden neben der AABR im Rahmen der Validierungsstudie gleichzeitig mehrere Verfahren eingesetzt, die als Instrumente zur Evaluierung psychischer Belastungen anerkannt sind und daher stark verwandte bzw. gleiche Konstrukte wie die AABR messen sollten.
Zur konkurrierenden Validierung wurden folgende Verfahren eingesetzt:
(1) Integrierte Analyse arbeitsbedingter Belastungen (IAAB; Beidernikl, Lahousen, Langner & Lothaller, 2015);
(2) Arbeitsbewertungsskala (ABS; Molnar, Prinkel & Friesenbichler, 2013);
(3) Die Prüfliste Psychische Belastung (Pl-PB; Unfallkasse des Bundes, 2014);
(4) Kurz-Fragebogen zur Arbeitsanalyse (KFZA; Prümper, Hartmannsgruber & Frese, 1995; Version 2009, Prümper, 2010).
Die konkurrierende Validierung bzw. Konstruktvalidierung für die AABR ergab überwiegend die erwarteten Zusammenhänge im notwendigen mittleren Ausmaß, teilweise zeigten sich sogar hohe Zusammenhänge mit den relevanten Skalen der Vergleichsinstrumente. Mit anderen Skalen zeigten sich zumeist wie erwartet eher geringere Zusammenhänge als mit jenen, mit denen eine inhaltliche Übereinstimmung bestehen sollte.
Die angestrebte Validität der AABR ist damit sowohl in der Dreifaktorenform als auch in der Variante der vier Dimensionen psychischer Belastungen als ausreichend gegeben im Sinne der ÖNORM EN ISO 10075-3 (2004) anzusehen. Das Gesamtitem "Alles in allem: Meine Arbeit ist für mich... (sehr förderlich - sehr belastend)" weist eine ausreichende Validität zur Beurteilung der psychischen Belastungen, vor allem hinsichtlich der (Mit-)Gestaltung der Arbeitsaufgaben, deren Anforderungen sowie der sozialen Ressourcen, auf, hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitsumgebung sind die Zusammenhänge vergleichsweise geringer. Eine allumfassende Evaluierung psychischer Belastungen ist durch dieses eine Item somit nicht möglich, es kann jedoch ergänzend eingesetzt werden.
 

Normierung

Aus der Validierungsstudie im Jahre 2015 ergeben sich Normwerte für die Gesamtstichprobe (N = 4 000), die als repräsentativ für die österreichische Erwerbsbevölkerung anzusehen ist (Lothaller, 2015). Ebenfalls kann die Bewertungsklassifikation für die Normstichprobe angewendet werden, um die Anteile in den drei Bereichen zu ermitteln. Darüber hinaus ergeben sich weitere Normwerte sowie Anteile in den drei Bereichen für Teilstichproben dieser repräsentativen Gesamtstichprobe, differenziert nach Geschlecht, Alter, Ausbildung, Beschäftigungsausmaß, Führungsverantwortung, Art der Tätigkeit, Branche sowie Dauer der Tätigkeitsausübung.
 

Anwendungsmöglichkeiten

Die AABR, Analyse von arbeitsbedingten Belastungen und Ressourcen, ist ein bedingungsbezogenes, objektives Erhebungsinstrument, das die vier Dimensionen arbeitsbedingter psychischer Belastungen gemäß Aschg (2014) erfasst. Es ist zur Evaluierung psychischer Belastungen als alleinstehendes Instrument konzipiert, kann aber auch in umfangreichere Mitarbeiter/innenbefragungen integriert werden. Die AABR ist unabhängig vom Wirtschaftszweig, Branche oder Betriebsgröße, universell einsetzbar.
 

Bewertung

Die AABR wurde mit dem Ziel entwickelt, die Evaluierung psychischer Belastungen ohne die weit verbreitete "Problemsicht" auf Arbeit(s-situationen) zu ermöglichen. Arbeitsaufgaben und Rahmenbedingungen können im Sinne des Belastungs-Beanspruchungs-Konzepts (Rohmert, 1984) unter Berücksichtigung des Konzepts der Salutogenese (Antonovsky, 1997) sowohl gesundheits-/persönlichkeitsfördernd als auch gesundheits-/persönlichkeitsbeeinträchtigend wirken. Außerdem sollte es einerseits ein effizient einsetzbares Kurzinstrument sein und andererseits dennoch alle inhaltlichen Anforderungen des ASchG (2014) bzw. der Arbeitsinspektion (Huber et al., 2013) erfüllen. Die Entwicklung der AABR stand von Beginn an unter dem Anspruch ein Instrument zu entwerfen, das den Gütekriterien der ÖNORM EN ISO 10075 (2004) vollends entspricht.
Die Ergebnisse der mit einer für die österreichische Erwerbsbevölkerung repräsentativen Stichprobe durchgeführten Validierungsstudie (N = 4 000) lassen folgende Kernaussagen zu:
(1) Die AABR entspricht vollständig den Hauptgütekriterien der ÖNORM EN ISO 10075-3 (2004) hinsichtlich der Objektivität, der Reliabilität und Validität des Instruments.
(2) Die Belastungsdimensionen im Sinne des ASchG (2014) bzw. der Arbeitsinspektion (Huber et al., 2013) sind durch die AABR vollinhaltlich abgedeckt.
(3) Die repräsentative Stichprobe erlaubt tätigkeits- sowie branchenspezifische und -übergreifende Normwerte zu definieren.
(4) Die ausschließlich positiven Frageformulierungen wurden über zwei Befragungsphasen hinweg entwickelt und wiesen gute Kennwerte hinsichtlich Trennschärfe und Itemschwierigkeit auf.
Im Hinblick auf die zusammenfassende Orientierung zur Evaluierung psychischer Belastungen gemäß Leitfaden für die Arbeitsinspektion (Huber, et al., 2013, S. 16-17) ist für die AABR festzuhalten:
(5) Die Zielsetzung der Messung ist ausschließlich die arbeitsbedingte psychische Belastung, nicht aber die Ermittlung individueller Zustände, die Messung von Fehlbelastungen oder Ähnliches.
(6) Der Gestaltungsbezug ist bedingungsbezogen, also auf die Merkmale der Arbeitssituation und nicht auf personenbezogene Merkmale hin orientiert.
(7) Die theoretische Fundierung ist das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept von Rohmert (1984) unter Berücksichtigung des Konzepts der Salutogenese von Antonovsky (1997).
(8) Die Gütekriterien gemäß ÖNORM EN ISO 10075-3 (2004), d. h. insbesondere Objektivität, Reliabilität und Validität, sind in ausreichendem Ausmaß gegeben.
(9) Die relevanten gesetzlichen Erfordernisse für die Ermittlung und Beurteilung sind vollinhaltlich erfüllt.
Abschließend betrachtet erfüllt die AABR alle fachlichen und gesetzlichen Anforderungen an eine Evaluierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen.
 

Literatur

  • Antonovsky, A. (1997). Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. Dt. erweiterte Herausgabe von A. Franke. Tübingen: dgvt.
  • ArbeitnehmerInnenschutzgesetz. (Hrsg.). (2014). Bundesgesetz über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit (ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG) in der Fassung BGBl. I Nr. 94/2014. Online im Internet, URL: http://www.riS.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10008910 (Stand: 1.6.2015).
  • Beidernikl, G., Lahousen, A., Langner, A. & Lothaller, H. (2015). IAAB - Integrierte Analyse arbeitsbedingter Belastungen. Wien: vieconsult GmbH.
  • Biffl, G., Faustmann, A., Gabriel, D., Leoni, T., Mayrhuber, C. & Rückert, E. (2011). Psychische Belastungen der Arbeit und ihre Folgen. Endbericht. Krems: Donau-Universität Krems (DUK). Department für Migration und Globalisierung.
  • Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit. (Hrsg.). (o.J.) Toolbox Version 1.2 Handbuch. Online im Internet, URL: http://www.baua.de/de/Informationen-fuer-die-Praxis/Handlungshilfen-und-Praxisbeispiele/Toolbox/pdf/Toolbox-Handbuch.pdf (Stand: 11.5.2017).
  • Cohen, J. (1988). Statistical power analysis for the behavioral sciences (2nd ed.). New Jersey: Lawrence Erlbaum Associates.
  • Huber, E., Molnar, M. & Steurer, J. (2013). Bewertung der Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen im Rahmen der Kontroll- und Beratungstätigkeit. Leitfaden für die Arbeitsinspektion. Wien: Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.
  • Joiko, K., Schmauder, M. & Wolff, G. (2010). Psychische Belastung und Beanspruchung im Berufsleben: Erkennen - Gestalten (5. Auflage). Dortmund-Dorstfeld: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.
  • Klösch, J. (2013). Verfahren zur Erhebung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz (3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage). Wien: Arbeiterkammer Wien.
  • Lothaller, H. (2015). IAAB - Integrierte Analyse arbeitsbedingter Belastungen. Validierungsbericht - Kurzversion. Wien: vieconsult GmbH.
  • Lothaller, H., Beidernikl G., Lahousen, A. & Langner, A. (2015). AABR - Analyse von arbeitsbedingten Belastungen und Ressourcen. Wien: vieconsult GmbH.
  • Molnar, M., Prinkel, M. & Friesenbichler, H. (2012). Evaluierung psychischer Belastungen. Die Arbeits-Bewertungs-Skala - ABS Gruppe. Wien: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt.
  • ÖNORM EN ISO 10075-1, 10075-2, 10075-3. (2004). Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung. Wien: Austrian Standards Institute.
  • Prümper, J. (2010). KFZA. Kurz-Fragebogen zur Arbeitsanalyse. In W. Sarges, H. Wottawa & C. Roos (Hrsg.), Handbuch wirtschaftspsychologischer Testverfahren. Band II: Organisationspsychologische Instrumente (Testkurzdarstellung KFZA S. 157-164). Lengerich: Pabst.
  • Prümper, J., Hartmannsgruber, K. & Frese, M. (1995). KFZA. Kurz-Fragebogen zur Arbeitsanalyse. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie, 39 (3), 125-132.
  • Rammstedt, B. (2004). Zur Bestimmung der Güte von Multi-Item-Skalen: Eine Einführung (ZUMA How-to-Reihe Nr. 12). Mannheim: Zentrum für Umfragen, Methoden und Analysen.
  • Rohmert, W. (1984). Das Belastungs-Beanspruchungs-Konzept. Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 38 (4). 193-200.
  • Unfallkasse des Bundes. (Hrsg.). (2014). Die Prüfliste Psychische Belastung. Frankfurt am Main: Unfallversicherung Bund und Bahn.
  • Weise, G. (1975). Psychologische Leistungstests. Göttingen: Hogrefe.
 
 Autorenbeschreibung: Harald Lothaller (30.04.2017)
 APA-Schlagworte/PSYNDEX Terms:

Classical Test Theory; Computerized Assessment; Questionnaires; Rating Scales; Industrial and Organizational Psychology; Occupational Stress; Working Conditions; Work Related Illnesses

Klassische Testtheorie; Computergestützte Messung; Fragebögen; Rating-Skalen; Arbeits- und Organisationspsychologie; Beruflicher Stress; Arbeitsbedingungen; Berufskrankheiten

 weitere Schlagworte:

2015; PsyBel Expert; ÖNORM: Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastung; Arbeitsschutzgesetz; Arbeitnehmer-Schutzgesetz; Belastung; Beanspruchung; 25 Items; Dimensionen: 1 Aufgabenanforderungen und Tätigkeiten, 2 Sozial- und Organisationsklima, 3 Arbeitsumgebung, 4 Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation; Normierungs-/Untersuchungsjahr: 2015; Stichprobe(n): 4000
 Klassifikation:

Berufs- und arbeitspsychologische Tests; Gesundheitspsychologische Tests; Arbeitsbedingungen und Arbeitssicherheit; Arbeitnehmereinstellungen und Arbeitszufriedenheit
Verfahren zur Ermittlung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz
7.3.1.4
 Anwendungstyp: Job, Task, & Behavior Analysis
 Art der Publikation: Test; Online Test (90; 942)
 Sprache: German
 Übersetzungen: Bosnian, English, Turkish, Serbo-Croatian
 Land: Austria
 Publikationsjahr: 2015
 Änderungsdatum: 201705
 info@leibniz-psychology.org | © 1996-2023 ZPID