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Vollansicht des PSYNDEX Tests-Dokuments: Reaction to Diagnosis Interview - deutsche Fassung | ||
PSYNDEX Tests-Dokument: 9007985 | ||
RDI - Reaction to Diagnosis Interview - deutsche Fassung (PSYNDEX Tests Review) | ||
Reaction to Diagnosis Interview (RDI; Pianta, R. C. & Marvin, R. S., 1993) - German version/author | ||
Paul, O. | ||
(2019). Wenn der Spielraum verloren geht. Forschungsprojekt zum Belastungserleben von Eltern geistig behinderter Kinder und zum kurativen Potential der Musiktherapie. Unveröffentlichte Dissertation, Universität Münster, Institut für Musikwissenschaft und Musikpädagogik. Online im Internet: https://www.testarchiv.eu/de/test/9007985 | ||
Bezugsquelle: Das Verfahren ist im Open Test Archive des ZPID enthalten und steht unter der Creative Commons-Lizenz "Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen)" (CC BY-SA); E-Mail: testarchiv@leibniz-psychology.org; URL: https://www.testarchiv.eu/; Stand: 1.5.2021. Anmerkung: Das Verfahren wurde 2020 in das Testarchiv des ZPID aufgenommen Nachweis im Testarchiv: Paul, O. (2020). RDI. Reaction to Diagnosis Interview - deutsche Fassung [Verfahrensdokumentation aus PSYNDEX Tests-Nr. 9007985, Interviewleitfaden, Handbuch]. In Leibniz-Zentrum für Psychologische Information und Dokumentation (ZPID) (Hrsg.), Testarchiv. Trier: ZPID. | ||
Adresse(n): o Dr. Oliver Paul, M.A., Musiktherapeut, Lehrer für Sonderpädagogik, Universität Münster, Philippistraße 2, D-48149 Münster ; E-Mail: Oliver.Paul@Uni-Muenster.de ; URL: https://www.uni-muenster.de/Musiktherapie/Personen/OliverPaul.html ; Stand: 08.01.2020 | ||
WWW-Informationen:
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AbstractDiagnostische Zielsetzung:Das Reaction to Diagnosis Interview (RDI) ist ein 15-minütiges, halbstrukturiertes Interview, mit dem die Behinderungs- oder Krankheitsverarbeitung von Eltern untersucht werden kann, bei deren Kind eine chronische Erkrankung oder Behinderung diagnostiziert wurde.
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Testkonzept | ||
Theoretischer HintergrundDas Reaction to Diagnosis Interview (RDI; Paul, 2019) ist ein 15-minütiges, halbstrukturiertes Interview, mit dem die Behinderungs- oder Krankheitsverarbeitung von Eltern untersucht werden kann, bei deren Kind eine Behinderung oder chronische Erkrankung diagnostiziert wurde. Den theoretischen Hintergrund des RDIs bildet die Bindungstheorie, wonach Eltern durch eine Phase der Trauer gehen, wenn sie eine Bindungsperson innerhalb ihres Bindungssystems verlieren. Vor diesem Hintergrund führt die Diagnose einer Behinderung oder einer chronischen Erkrankung des eigenen Kindes zu einer potenziellen Traumatisierung der betroffenen Eltern. Ein Teil dieser Eltern verarbeitet die Diagnose mit einer weitgehenden Auflösung ihrer Traumatisierung, während die Auflösung bei dem anderen Teil der Betroffenen fehlt. Mit dem Test lässt sich dieser Auflösungsstatus der betroffenen Eltern feststellen. | ||
TestaufbauDas Interview besteht aus einer Reihe von Fragen, die die Erinnerungen, Überzeugungen und emotionalen Reaktionen auf die Diagnosemitteilung ermitteln sollen. Mit insgesamt fünf Fragen werden folgende Subtypen unterschieden:Subtypen mit Auflösung sind: A.1. Emotionsorientierung A.2. Handlungsorientierung A.3. Kognitive Orientierung. Die Subtypen ohne Auflösung sind: B.1. Emotionale Überwältigung B.2. Wut/Projektion B.3. Emotionale Abschottung B.4. Depression/Passivität/Resignation B.5. Wahrnehmungsverzerrungen B.6. Desorganisation/Verwirrung/Verstrickung. | ||
AuswertungsmodusDie Auswertung erfolgt in zwei Schritten.(1) Die Interviews mit den Elternteilen werden videografiert und im Anschluss mit Hilfe des Handbuchs zum Reaction to Diagnosis Interview ausgewertet. Als primäre Klassifikation erfolgt eine Einschätzung des Auflösungsstatus der interviewten Elternteile. (2) Im Anschluss daran ist mit Hilfe des Handbuchs eine weitere Klassifikation in insgesamt neun Subtypen möglich. | ||
AuswertungshilfenAls Auswertungshilfe steht das Handbuch zum Reaction to Diagnosis Interview zur Verfügung mit zahlreichen anschaulichen Beispielen und Elternzitaten, die eine Einschätzung des Auflösungsstatus und Subtyps ermöglichen. | ||
AuswertungszeitPro videografiertes Interview ist von einer Auswertungszeit von ca. 0,5-1 Stunde auszugehen. | ||
Itembeispiele1. Wann ist Ihnen zum ersten Mal der Verdacht gekommen, dass es Probleme in der Entwicklung von [Name des Kindes] geben könnte? [tiefergehend nach Details fragen!] | ||
Alle Items1. Wann ist Ihnen zum ersten Mal der Verdacht gekommen, dass es Probleme in der Entwicklung von [Name des Kindes] geben könnte? [tiefergehend nach Details fragen!]2. Welche Gefühle hatten Sie, als Sie dies bemerkten? 3. Haben sich diese Gefühle mit der Zeit verändert? 4. Könnten Sie mir bitte ganz genau sagen, was an dem Tag passiert ist, als Ihnen [Name des Kindes] Diagnose mitgeteilt wurde: Wo waren Sie? Wer war da noch? Was haben Sie da gedacht und was gefühlt? [Wenn hinsichtlich der Gefühle neues Material zum Vorschein kommt, wird die Frage 3 wiederholt.] 5. Manchmal fragen sich Eltern oder sie machen sich Gedanken, warum sie ein Kind mit besonderem Förderbedarf haben. Machen Sie sich auch solche Gedanken? [hier ggf. weitere Hinweise geben: Manche Eltern haben das Gefühl, dass sie etwas zu dem Zustand ihres Kindes beigetragen haben könnten. Andere denken, dass Gott einen Beweggrund dafür hatte, ihnen dieses Kind zu schenken. Welche Gedanken machen Sie sich? Oder: Manche Eltern denken: "Warum ausgerechnet ich?"] | ||
Durchführung | ||
TestformenDie Interviews werden einzeln mit den betroffenen Elternteilen durchgeführt und dabei videografiert. | ||
AltersbereicheZielgruppe sind erwachsene Eltern behinderter oder chronisch erkrankter Kinder. Ansonsten gibt es keine Alterseinschränkungen. | ||
DurchführungszeitVon den US-amerikanischen Entwicklern des Tests, Pianta und Marvin (1993), wird eine Durchführungszeit von 10 bis 15 Minuten angegeben. Die Interviews in der Studie von Paul (2019) dauerten im Durchschnitt 13 min 18 s. | ||
MaterialIm Handbuch zum Reaction to Diagnosis Interview finden sich der Interviewleitfaden sowie umfangreiche Hinweise zur Durchführung und Auswertung des Tests. Notwendig ist darüber hinaus ein Videogerät, empfehlenswert ist ein hochwertiges Diktiergerät. | ||
InstruktionIm Interview werden fünf Fragen gestellt, die bei Bedarf wiederholt werden. | ||
DurchführungsvoraussetzungenFür die Testung sind psychologische, pädagogische, sonder-/heil- oder sozialpädagogische Qualifikationen notwendig. Erfahrungen in der Elternberatung Betroffener sowie im Führen qualitativer Interviews sind empfehlenswert. Aufgrund der zu erwartenden, emotionalen Berichte der Betroffenen ist eine eingehende Auseinandersetzung mit den ethischen Implikationen der Interviewdurchführung notwendig.Die Auswertung der videografierten Interviews sollte nicht durch die Testleiterin bzw. den Testleiter erfolgen. Ideal ist eine kleine Auswertungsgruppe, die mit Hilfe des Handbuchs zum RDI geschult wird: Die Untersucher sollten dann zunächst einzeln die Interviews ansehen und die Einschätzung der primären Klassifikation sowie des Subtyps vornehmen. In einem weiteren Schritt werden die Einzelergebnisse in der Auswertungsgruppe verglichen und bei Unstimmigkeiten diskutiert, bis für alle interviewten Elternteile eine eindeutige Festlegung gegeben ist (Stichworte: kontrollierte Subjektivität, Forschertriangulation). | ||
TestkonstruktionDas Handbuch zum RDI nach Pianta und Marvin (1993) wurde von Oliver Paul aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt, um mit dessen Hilfe die Interviews auszuwerten, die im Rahmen des Forschungsprojekts "Wenn der Spielraum verloren geht" geführt wurden (vgl. Paul, 2019). Die Ergebnisse dieser Auswertung sind Bestandteil der Dissertation mit gleichnamigem Titel (Veröffentlichung in Vorbereitung im Reichert Verlag, Wiesbaden).Der Test baut auf der Bindungstheorie auf und orientiert sich methodisch an dem Adult Attachment Interview nach George, Kaplan und Main (1985), mit dem Bindungseinstellungen und -erfahrungen von Erwachsenen untersucht werden können. Der Test wird als Interview durchgeführt. Im Anschluss daran wird jedes Interview mit Hilfe des Handbuchs zum RDI ausgewertet. | ||
Gütekriterien | ||
ObjektivitätIn der Studie von Paul (2019) besteht bei der primären Klassifikation eine Interraterreliabilität von 91.9 % (Cohens Kappa = 0.83 bei p < .01); bei der Einschätzung des Subtyps 75.7 % (Cohens Kappa = 0,71 bei p < .01).In der Studie von Paul (2019) zeigen sich deutliche Übereinstimmungen zwischen der mit Hilfe von QDA-Software erstellten Codierung der elterlichen Bewältigungsstrategien mit den Ergebnissen, die eine externe (blinde) Forschergruppe mit Hilfe des RDIs erzielt hat (Methodentriangulation, Forschertriangulation). | ||
ReliabilitätEs liegen keine Angaben vor. | ||
ValiditätEs liegen für unterschiedliche Behinderungs- und Krankheitsbilder zahlreiche Studien mit Vergleichsgruppen aus verschiedenen Ländern vor (z. B. Trisomie 21, Cerebralparese). | ||
NormierungEs liegen keine Angaben vor. | ||
AnwendungsmöglichkeitenDas Reaction to Diagnosis Interview ist der einzige Test, mit dem sich die Behinderungs- bzw. Krankheitsverarbeitung von Eltern untersuchen lässt, die ein behindertes oder chronisch erkranktes Kind haben. Mit Hilfe des Tests lassen sich vielfältige Fragestellungen beleuchten, welche Faktoren sich hier in den Familien als hilfreich oder belastend herausstellen, um die Diagnose des Kindes und deren Folgen zu verarbeiten und zu bewältigen. Nachteil der Methode ist, dass die Durchführung und Auswertung sehr aufwändig sind. Mögliche Anwender des Tests finden sich im Bereich der psychologischen und sonderpädagogischen Forschung, möglicherweise auch in weiteren Teilbereichen der Medizin wie bspw. der Psychoonkologie. | ||
BewertungDas Reaction to Diagnosis Interview wurde seit seiner erstmaligen Anwendung im Jahre 1996 bis heute in über 30 internationalen Studien genutzt - 20 davon entstammen dem Zeitraum der letzten 10 Jahre. Mit dem RDI lässt sich sehr umfassend untersuchen, wie Eltern die Krankheits- oder Behinderungsdiagnose ihres Kindes verarbeitet haben, was in dieser Form in der internationalen Forschung als einzigartig zu bewerten ist. Mit der hier vorgestellten Übersetzung des Handbuchs zum RDI ist das Verfahren nun auch in deutscher Sprache verfügbar.Problematisch kann es sein, wenn die Ergebnisse des Tests genutzt werden, um die Eltern-Kind-Beziehung zu pathologisieren, ohne die Kompetenzen und Leistungen in den betroffenen Familien angemessen zu würdigen. Zu reflektieren sind vor der Testdurchführung darüber hinaus die ethischen Implikationen, Eltern nach ihren traumatisierten Lebenserfahrungen zu befragen: Hier sollten die interviewten Elternteile nicht bloß als Probanden betrachtet werden, sondern es ist eine einfühlende Interviewdurchführung unabdingbar. | ||
Literatur
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Originalfassung/Anderssprachige Fassungen
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Autorenbeschreibung: Oliver Paul (21.11.2019) | ||
APA-Schlagworte/PSYNDEX Terms: | Classical Test Theory; Interviews; Parents; Parent Child Relations; Physical Illness (Attitudes Toward); Physical Disabilities (Attitudes Toward); Music Therapy; Attachment Behavior; Emotional States Klassische Testtheorie; Interviews; Eltern; Eltern-Kind-Beziehungen; Einstellungen zu körperlichen Krankheiten; Einstellungen zu Körperbehinderungen; Musiktherapie; Bindungsverhalten; Emotionale Zustände | |
weitere Schlagworte: | 2019; 2020 (Open Test Archive); Open Access; Forschungsprojekt "Wenn der Spielraum verloren geht"; 5 Fragen; Subtypen: A.1 Emotionsorientierung, A.2 Handlungsorientierung, A.3 Kognitive Orientierung, B.1 Emotionale Überwältigung, B.2 Wut/Projektion, B.3 Emotionale Abschottung, B.4 Depression/Passivität/Resignation, B.5 Wahrnehmungsverzerrungen, B.6 Desorganisation/Verwirrung/Verstrickung; Normierungs-/Untersuchungsjahr: keine Angaben; Stichprobe(n): 60 | |
Klassifikation: | Klinische Psychodiagnostik; Psychosoziale Entwicklung und Persönlichkeitsentwicklung; Kindererziehung; Soziale Wahrnehmung und soziale Kognition Copingskalen und -verfahren 11.19 | |
Anwendungstyp: | Clinical Diagnosis | |
Art der Publikation: | Test; Electronic Resources (90; 94) | |
Sprache: | German | |
Übersetzungen: | English | |
Land: | United States | |
Publikationsjahr: | 2019 | |
Änderungsdatum: | 202001 | |
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